Gespräch zu Glyphosat mit Campact

Gerald Neubauer,
Campaigner bei Campact

MD: Ihr habt zusammen mit anderen eine europaweite Bürgerinitiative zum Glyphosat-Verbot gestartet mit über 1 Million Unterschriften, außerdem eine Deutschland-Kampagne mit vielen Aktionen durchgeführt. Wie bewertet Campact die Reaktion der EU-Kommission auf die EBI „Stop Glyphosat“?

Gerald Neubauer:Zunächst einmal war die Europäische Bürgerinitiative ein riesiger Erfolg. 1,3 Millionen haben in Rekordzeit unterzeichnet. Mit der EBI ist es uns gelungen, Glyphosat zu einem europaweiten Topthema zu machen. Das Ackergift wurde zwar wieder zugelassen, aber große Länder wie Frankreich und Italien wollen jetzt aussteigen.

Die Reaktion der EU-Kommission hingegen war mehr als enttäuschend. Zwei unserer Forderungen, das Verbot von Glyphosat und verbindliche Reduktionsziele für Pestizide, hat die Kommission rundheraus abgelehnt. Und auch unsere Forderung nach reformierten Pestizid-Zulassungsverfahren hat die Kommission größtenteils abgelehnt. Statt einer echten Reform will sie lediglich etwas mehr Transparenz schaffen. Doch auch wenn die Kommission unsere Forderungen nicht erfüllt hat, haben wir mit der EBI eine europaweite Bewegung angestoßen. Das ist der eigentliche Erfolg. 

MD: Es gibt bereits Stimmen im Bundestag und eine Ankündigung im Sondierungspapier von CDU/CSU und SPD, die auf ein nationales Verbot von Glyphosat zielen. Reicht das aus oder bräuchte es noch andere Instrumente, um ein Verbot von Glyphosat voranzutreiben?

Gerald Neubauer: Das Sondierungspapier ist schon ein kleiner Durchbruch. Denn erstmals hat die Union dem Glyphosat-Ausstieg grundsätzlich zugestimmt. Gleichzeitig ist das Papier noch sehr vage formuliert und daher überhaupt nicht ausreichend. Es fehlt ein klares Ausstiegsdatum und auch zu rechtlichen Instrumenten sagt das Papier nichts. Union und SPD müssen den Glyphosat-Ausstieg jetzt klipp und klar in ihrem Koalitionsvertrag festlegen. Dabei kommt es vor allem darauf an, keine neuen Zulassungen für Pestizide mit Glyphosat zu erteilen.

MD: Wie müsste man vorgehen, wenn man Glyphosat auf nationaler Ebene verbieten wollte?

Gerald Neubauer:Ein nationales Verbot von Glyphosat ist möglich, das zeigt ein Gutachten des wissenschaftlichen Dienstes des Bundestags. Allerdings kann das Parlament dazu nicht einfach ein Gesetz erlassen. Die Regierung ist hier an EU-Recht gebunden und demzufolge geht der einzige Weg über die Zulassungen von glyphosathaltigen Pestiziden.

In Deutschland sind ungefähr drei Dutzend Pestizide mit Glyphosat auf dem Markt. Ende 2018 läuft die Zulassung der meisten davon aus. Das ist eine riesige Chance, denn die Bundesregierung kann diesen Pestiziden die Zulassung verweigern. Wenn sie die Chance nicht nutzt, rückt der Glyphosat-Ausstieg in weite Ferne.

MD: Mal angenommen, es gäbe schon bundesweite Volksabstimmungen. Wäre das ein erfolgversprechender Weg, um eine noch breitere Debatte über Glyphosat anzustoßen und ein Verbot zu erwirken?

Gerald Neubauer: Das ist schwierig zu sagen. Die Antwort hängt davon ab, wie genau eine bundesweite Volksabstimmung ausgestaltet wäre. Denn der einzig zulässige Weg für ein nationales Glyphosat-Verbot ist, die Zulassungen für glyphosathaltige Pestizide zu verweigern. Mit einer Volksabstimmung müsste man die zuständigen Behörden - das Bundesinstitut für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit und das Umweltbundesamt - dazu verpflichten, diese Zulassungen nicht zu erteilen. Ob das rechtlich möglich ist, wäre zu prüfen.

 

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