SPD knickt ein trotz Massenprotesten bei CETA – Jetzt wird es Zeit für Verbindlichkeit!

Von Anne Dänner & Simon Strohmenger

Letzten Samstag (17. September) waren in sieben deutschen Städten 320.000 Menschen auf den Straßen. Gemeinsam haben sie gegen den Ausverkauf der Demokratie im Namen von Konzerninteressen und damit gegen die Freihandelsabkommen CETA und TTIP protestiert. Damit hat der Protest gegen CETA und TTIP historische Dimensionen erreicht.

Natürlich hatten wir gehofft, mit diesem starken Signal die SPD auf ihrem Parteikonvent am 19. September zu einem "Nein" zu CETA zu bewegen. Doch nun ist die SPD eingeknickt: Die Mehrheit der Delegierten hat sich dem CETA-freundlichen Kurs von Parteichef Sigmar Gabriel angeschlossen. (Hier der vollständige Beschlusstext..., Punkt IV.) Dabei gerät die SPD-Spitze auch aus dem eigenen Lager unter Druck: Mehrere Landesverbände, die Jusos, Juristen und immer wieder auch Stimmen von der SPD-Basis sprechen sich gegen CETA aus. 

Unser Protest war bestimmt nicht umsonst – ohne den Widerstand der Zivilgesellschaft hätten sich die EU-Kommission und die CETA/TTIP-Befürworter*innen kein Stück bewegt.

Ein bisschen mehr Transparenz, neue Vorschläge zum Schiedsgerichtssystem, CETA als gemischtes Abkommen, das Herausnehmen der Schiedsgerichts-Bestimmungen aus der vorläufigen Anwendung… all das hätte es nicht gegeben, wenn unsere Proteste in den letzten zwei Jahren nicht gewesen wären. ABER: Sollen wir uns jetzt zufriedengeben, weil CETA etwas weniger schlimm wird als anfangs gedacht? Nein, denn es ist immer noch schlimm genug! 

Aus dem Einknicken der SPD in Wolfsburg müssen wir unsere Lehren ziehen. Wenn die Bevölkerung und selbst die Basis der eigenen Partei übergangen wird, dann zeigt das: Wir dürfen nicht auf die Vernunft der politischen Entscheidungsträger*innen bauen – es ist Zeit für Verbindlichkeit! Wir brauchen rechtsverbindliche Entscheidungen gegen CETA und TTIP: Durch ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts, durch direktdemokratische Initiativen, am besten durch einen bundesweiten Volksentscheid. 

Mit ihrem Beschluss vergibt die SPD die Chance, CETA in der jetzigen Form zu stoppen und umfassende Nachverhandlungen zu erzwingen, obwohl das Abkommen klar gegen ihre selbstdefinierten „roten Linien“ verstößt. Stattdessen wird die Unterzeichnung von CETA im Ministerrat befürwortet. Die Schwächen in den Bereichen Investitionsgerichtshof, Steuerungsgremien, Arbeitsstandards, dem Vorsorgeprinzip, öffentlicher Daseinsvorsorge, die selbst die Parteiführung um Gabriel anerkennt, sollen dann im weiteren Ratifizierungsprozess durch rechtliche Klarstellungen und durch Beratungen im EU-Parlament beseitigt werden. Dies sind jedoch reine Willensbekundungen. Inwieweit diese umzusetzen sind, bleibt dahingestellt. 

Ein gutes Beispiel sind die demokratisch nicht-legitimierten Ausschüsse bei CETA: 

„Es muss sicher- und klargestellt werden, dass alle Gremien, die durch das CETA-Abkommen geschaffen werden, zunächst eine beratende Funktion zur Umsetzung des Abkommens haben und begrenzte Entscheidungen nur im Einklang mit den demokratisch legitimierten Verfahren der Partner treffen und nicht die Souveränität der Parlamente und Regierungen verletzen dürfen.“ 

Was soll das heißen – „zunächst“? Und wie soll es „sicher- und klargestellt“ werden? 

Handelskommissarin Cecilia Malmström hat mehrfach erklärt, den CETA-Vertragstext nicht nochmals zu öffnen und keine weiteren Anhänge zuzulassen. Außerdem kann das EU-Parlament den Vertrag nur als Ganzes ablehnen und keine Änderungen vornehmen. Die einzige Möglichkeit wäre eben mit der Ablehnung von CETA zu drohen, was aber bei den derzeitigen Mehrheitsverhältnissen zugunsten konservativer und liberaler Abgeordneter nicht sehr wahrscheinlich ist. Von einer wirklichen Rechtsverbindlichkeit sind diese Erklärungen also meilenweit entfernt. 

Wenn Sigmar Gabriel wirklich für grundsätzliche Änderungen ist, wieso stoppt er dann CETA nicht – er hätte die Position und den Einfluss dazu – und fordert Neuverhandlungen? Wieso geht man den Weg über umständliche Protokollerklärungen, statt endlich einzugestehen, dass CETA so nicht funktioniert, dass es einfach kein gutes Abkommen ist und in die Tonne gehört? 

Die Zeit der Willensbekundungen ist vorbei – jetzt brauchen wir verbindliche Entscheidungen. Die werden offenbar nicht von der SPD-Spitze kommen. Von der SPD-Basis, zum Beispiel durch einen Mitgliederentscheid, vielleicht schon eher. Am besten aber verlassen wir uns nicht darauf, dass die Entscheidungsträger*innen in unserem Interesse handeln. Am besten führen wir, die Bürger*innen, direkt eine Entscheidung zu CETA herbei. In unserem Sinne, nicht im Sinne der Konzerne! 

Wir verpflichten die Landesregierungen in Bayern per Volksentscheid und setzen die Regierungen in NRW, in Schleswig-Holstein mit Volksinitiativen unter Druck. Der Bundesrat muss im Sinne der Bürgerinnen und Bürger gegen CETA abstimmen. Verbindlich!

Volksinitiative in Schleswig-Holstein: https://sh-stoppt-ceta.de
Volksbegehren in Bayern: https://www.volksbegehren-gegen-ceta.de
Volksinitiative in NRW: https://nrw-gegen-ceta.de

Wir fordern „TTIP? CETA? - Volksentscheid!“, gerade auch auf Bundesebene müssen wir bei so weitreichenden Themen abstimmen können. Verbindlich!

www.volksentscheid.de

Wir sagen „Nein zu CETA“ mit unserer Bürgerklage und setzen darauf, dass die Verfassungsrichter*innen den damit einhergehenden Demokratieabbau verhindern und als nicht mit dem Grundgesetz vereinbar einstufen.

https://www.ceta-verfassungsbeschwerde.de

Entgegnung auf Bernd Lange zu CETA

Der Vorsitzende des Handelsausschusses des Europäischen Parlamentes, Bernd Lange (SPD), behauptet, dass es bei CETA gelungen sei, in vielen Bereichen fortschrittlichere Regeln und Standards zu vereinbaren, als sie in bisherigen Handelsabkommen zu finden seien. Mehr Demokratie hat eine Entgegnung auf das Papier von Bernd Lange veröffentlicht.

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