Kleiner Schritt per Volksabstimmung: Änderung des Wahlrechts in Großbritannien geplant

In Deutschland sind sie ein normales Ritual nach einer Wahl, für die Britten jedoch waren sie ungewohnt: Koalitionsverhandlungen. Und die kleine Partei hatte eine spezielle Forderung – eine Änderung des Wahlrechts. Wir fragten Martin Fehndrich von wahlrecht.de nach den Hintergründen.

 

Warum ist für die Liberaldemokraten, den kleinen Partner in der zukünftigen Regierung, eine Änderung des Wahlrechts von so zentraler Bedeutung?

Das Wahlrecht in Großbritannien führt zu einer Verschiebung des Wählerwillens. Es gibt ja nur eine Stimme, mit der man einen Wahlkreiskandidaten wählt. Es kommt der ins Parlament, der die meisten Stimmen auf sich vereinen kann. Die anderen Stimmen verfallen. So kommt es, dass die Liberaldemokraten mit 23% der Stimmen 57 Sitze errungen haben. Labour erlangte gerade mal mit 6 % mehr Stimmen aber 258 Sitze.

Die Grünen sind nun erstmals im Parlament vertreten: mit einer Abgeordneten. Normalerweise haben nur Parteien mit einer starken lokalen Wurzel Chancen, neben den beiden großen Parteien Sitze im Parlament zu bekommen. Das gilt etwa für die schottischen Nationalisten, die sechs Sitze erobert haben.

 

Wird denn dann der Wille der Wähler überhaupt abgebildet?

Nehmen wir mal das Beispiel eines Wahlkreises, in dem der Sieger 30% der Stimmen auf sich vereinigen konnte. Eine Mehrheit von 70% hat jemanden anderes gewählt, diese Stimmen zählen nicht mehr. Das soll sich in Zukunft ein wenig ändern.

 

Kannst du etwas zu den geplanten Änderungen sagen?

Noch ist nicht genau bekannt, auf welches Wahlrechtsmodell sich die Parteien geeinigt haben. Es sieht so aus, als ob es ein Alternativstimmensystem geben soll. Dann könnte ein Wähler mit weiteren Kreuzen kenntlich machen, falls seine Erstpräferenz nicht zieht.

So groß ist die Änderung für den einzelnen Abgeordneten nicht. Ein sicherer Wahlkreis bleibt ein sicherer Wahlkreis; eine Verteilung der Sitze nach der Gesamtstimmenzahl einer Partei ist nach wie vor nicht vorgesehen. Es ist schon ein kleiner Schritt, der da per Volksabstimmung durchgesetzt werden soll. Dies zeigt ja auch, wie schwer sich die konservative Partei damit tut, das Wahlrecht zu ändern.

 

<typohead type=4>Interview: Ronald Pabst</typohead>

 

Mehr Informationen

wahlrecht.de: Auf der Seite finden Sie viele Informationen zum Thema Wahlrecht.

Wahlseite der BBC: Ergebnisse der Parlamentswahlen in Großbritannien.

 

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