Öffentliche Petition "Verfassungsreform 2.0" gestartet
Der Thüringer Landtag beschloss im April 2024 eine Reform der Landesverfassung. Dass es zu dieser Einigung kam, wurde lange Zeit nicht mehr für möglich gehalten und war auch ein Verdienst des Bündnisses "Thüringen braucht die Verfassungsreform. Jetzt!". Jedoch: Die Stärkung der Bürgerrechte blieb außen vor. Sie scheiterte an der Blockadehaltung der CDU.
So wurden trotz dringenden Reformbedarfs die Hürden für Bürgeranträge und Volksbegehren nicht gesenkt. Bürgeranträge bleiben damit praktisch nicht anwendbar, Volksbegehren sind so gut wie nicht nutzbar. Zudem wurden weitere Vorschläge u. a. zu Grund- und Menschenrechten nicht berücksichtigt. Außer acht gelassen wurden auch die zwischenzeitlich mit dem Thüringen-Projekt des Verfassungsblog gGmbH veröffentlichten Vorschläge, mit denen die Demokratie vor dem Zugriff einer autoritär-populistischen Partei geschützt werden kann.
Der fehlende Mut zum Ausbau der direkten Demokratie betrifft nicht allein Thüringen. In Sachsen scheiterte eine bereits geeinte Reform der Volksgesetzgebung an vier Abweichlern innerhalb der CDU. In Hessen ist der Rückbau bei Bürgerbegehren geplant. In Schleswig-Holstein konnte der einen Abbau von Mitbestimmungsrechten durch eine von Mehr Demokratie getragene Volksinitiative aufgehalten werden.
Damit die Stärkung der Bürger- und Mitbestimmungsrechte doch noch in die Verfassung aufgenommen wird, hat der Landesverband Thüringen von Mehr Demokratie unter dem Titel "Verfassung 2.0" eine Öffentliche Petition beim Landtag initiiert. Die Petition schlägt Verfassungsänderungen vor. Hierfür sind bereits Vorschläge ausgearbeitet worden, so vom Landtag in der 7. Wahlperiode und vom Thüringen-Projekt des Verfassungsblog gGmbH.
Die Petition richtet sich an der Thüringer Landtag, aber sie geht uns alle an. Und sie kann bis zum 7. Juli 2024 von allen Menschen unterzeichnet werden, unabhängig von Wohnort, Alter oder Staatsbürgerschaft.
Um die Petition unterzeichnen zu können, müssen sich interessierte Bürgerinnen und Bürger in einem einfachen Verfahren auf der Plattform des Thüringer Landtags registrieren. Wie es funktioniert, kann auf der Petitionsplattform nachgelesen werden. Die Petition ist erfolgreich, wenn innerhalb von sechs Wochen 1.500 Unterzeichnungen eingehen. Im Anschluss werden die Petenten im Landtag angehört und die Forderungen von den Abgeordneten diskutiert.
Zu den Forderungen im Detail:
1. Direkte Demokratie
- 1.a) Senkung der Unterschriftenhürde für Bürgeranträge von 50.000 auf 5.000
- 1.b) Senkung der Unterschriftenhürde für Volksbegehren von 10 Prozent auf 5 Prozent
- 1.c) Lockerung des Finanztabus für Volksbegehren
- 1.d) Einführung des Volkseinwands
2. Grund- und Menschenrechte
- 2.a) Stärkung der Grundrechte von Kindern und Jugendlichen
- 2.b) Stärkung der Grundrechte von Menschen mit Behinderungen
- 2.c) Internationale Abkommen über Menschenrechte in Verfassungsrang erheben
3. Schutz der Demokratie
- 3.a) Kündigung von Rundfunkstaatsverträgen nur mit Zustimmung des Landtages
- 3.b) Ausschluss von unverbindlichen Volksbefragungen
- 3.c) Ministerpräsidenten offen wählen und Wahl klar regeln
- 3.d) Blockade der Wahl von Mitgliedern des Verfassungsgerichts verhindern