Bürgerbegehren in Schleswig-Holstein: Deichbruch droht

Mit einer "Generalklausel" wollte die Landesregierung unliebsame Bürgerbegehren in den Kommunen einfach unterbinden. Sofortiger Widerstand, aber auch rechtliche Bedenken, haben die Innenministerin einlenken lassen. Jetzt ist zwar die Generalklausel vom Tisch, doch schon wird versucht, Bürgerbeghren bei Bauvorhaben auszubremsen...Wir wenden uns gemeinsam mit dem BUND und 22 weiteren Organisationen gegen eine Verschlechterung der Bürgerbegehrensregeln.

Update vom 07.12.22

Gemeinsam mit dem BUND und 22 weiteren zivilgesellschaftlichen Organisationen hat Mehr Demokratie am 6.12.22 einen offenen Brief an die Regierungskoalition in Schleswig-Holstein gerichtet. Unser Tenor: Mit den geplaten Änderungen der Gemeinde- und Kreisordnung würde die Bürgerbeteiligung in Schleswig-Holstein ohne Not verschlechtert. Damit würde Schleswig-Holstein im Ranking der
Beteiligungsfreundlichkeit bundesweit zurückfallen.

Offener Brief an die Regierungskoalition

Pressemitteilung zum Offenen Brief

Die bisherigen Entwicklungen:

In Schleswig-Holstein droht ein demkratischer Deichbruch. Festgelegt im Koalitionsvertrag. Offenbar hat sich hier die CDU durchgesetzt und jetzt sollen die direkte Demokratie geflutet und Bürgerbegehren ausgebremst werden. Mit einer Generalklausel wollte die Landesregierung unliebsame Bürgerbegehren in den Kommunen einfach unterbinden.

Das immerhin ist vom Tisch. Sofortiger Widerstand, aber auch rechtliche Bedenken, haben die Innenministerin einlenken lassen. Doch schon wird ein Gesetz vorbereitet, das Bürgerbeghren bei Bauvorhaben nicht zulässt, wenn der Gemeinderat das Vorhaben mit einer Zweidrittelmehrheit beschlossen hat. Damit wären Bürgerbegehren zu Bauvorhaben in Schleswig-Holstein zumindest sehr unwahrscheinlich. Wer Schleswig-Holstein mit seinen über 1100 Gemeinden kennt, weiß, dass die meisten Vorhaben einstimmig beschlossen werden, die Zweidrittelmehrheit also locker erreicht wird. Nur in den wenigen Großstädten ist das anders.

Die Regierung rechtfertigt ihre Pläne mit Planungsbeschleunigung. Dabei hat sie offenbar vergessen, dass gerade die Bürgerbeteiligung zu einer immensen Beschleunigung beim Trassenbau der Hochspannungsleitungen beigetragen hat. Gerade mal 25 Bürgerbegehren werden im Schnitt pro Jahr in Schleswig-Holstein gestartet, die meisten kommen gar nicht erst zur Abstimmung, weil man sich vorher einigt. Vor allem aber sind Bürgerbegehren ein Instrument, um Konflikte rechtsgültig zu lösen. Das schafft Planungssicherheit.

Es ist eine Wende in der Demokratieentwicklung, wenn jetzt kurz vor der Kommunalwahl im Mai 2023 Bürgerbegehren wieder massiv eingeschränkt statt ausgebaut werden sollen. Der Trend in Deutschland war bisher genau andersherum. Diese Wende ist das falsche Signal - auch vor dem Hintergrund, dass fast die Hälfte der Deutschen inzwischen an der Demokratie zweifelt.
Gerade schließt sich ein Bündnis zusammen, um hier gegenzuhalten. Wir müssen versuchen, diesen Deichbruch zu verhindern. Das Gesetz soll schon Anfang 2023 auf dem Tisch liegen. Wir werden es dann zum Wahlkampfthema machen müssen.

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