Bundesverfassungsgericht genehmigt den Euro-Rettungsschirm unter Auflagen

Mit dem Omnibus für direkte Demokratie fahren wir zum Bundesverfassungsgericht.

In seinem heutigen Urteil hat das Bundesverfassungsgericht entschieden, dass der Euro-Rettungsschirm (ESM) unter bestimmten Auflagen verfassungskonform ist. Zugleich veröffentlichten die Piraten bislang unbekannte ESM-Dokumente.

Gemeinsam mit 37.000 engagierten Menschen hat das von uns initiierte Bündnis „Europa braucht mehr Demokratie“ beim Bundesverfassungsgericht gegen ESM und Fiskalvertrag geklagt. Alle Beteiligten waren in der Forderung nach mehr Mitspracherechten von Parlament und Bürgern bei solchen grundlegenden Entscheidungen geeint und fanden in der Öffentlichkeit großen Anklang damit. Insofern nahmen wir das <link http: www.bverfg.de pressemitteilungen bvg12-067.html external-link-new-window>heutige Urteil des Karlsruher Gerichts, den ESM unter Auflagen und den Fiskalvertrag vorbehaltlos zu genehmigen, mit gemischten Gefühlen auf.

In einer ersten Stellungnahme meinte Roman Huber, Geschäftsführender Vorstand von Mehr Demokratie, dazu: „Wir haben uns eine deutlichere Kritik an den Verträgen erhofft.“ Allerdings legten die Richter fest, dass der Bundespräsident die Ratifizierungsgesetze nur unter bestimmten völkerrechtlichen Vorbehalten unterzeichnen kann. So darf die Haftungsgrenze Deutschlands von 190 Milliarden Euro nicht überschritten und ohne Zustimmung des deutschen Vertreters in den ESM-Gremien nicht erhöht werden – dazu wiederum muss das Mitglied im Gouverneursrat durch Bundesgesetz ermächtigt werden. Außerdem ist zu gewährleisten, dass Bundestag und Bundesrat trotz beruflicher Schweigepflicht der für den ESM tätigen Personen umfassend informiert werden können – diese Informationsrechte muss der Bundestag sich jetzt sichern. Roman Huber sieht die Bürgerklage und das heutige Urteil auch als Warnschuss für die Politik: „Eine stabile EU lässt sich langfristig nicht ohne Parlamentsbeteiligung und ohne die Bürgerinnen und Bürger bauen.“ (<link https: www.mehr-demokratie.de europa-kampagne.html external-link-new-window>siehe dazu auch unsere Forderung nach einem direkt gewählten EU-Konvent).

Das Hauptsacheverfahren zu unserer Klage findet zu einem bis dato unbekannten Zeitpunkt statt. Darin soll auch der Ankauf von Anleihen durch die Europäische Zentralbank (EZB) thematisiert und geprüft werden. Indessen haben die Piraten heute mehrere bislang unveröffentlichte Dokumente zum ESM geleakt, aus denen beispielsweise die Gehälter von ESM-Mitarbeitern hervorgehen. <link http: www.piratenpartei.de esm-urteil-ein-urteil-uber-eine-demokratische-selbstverstandlichkeit external-link-new-window>Mehr Informationen dazu hier...

UPDATE vom 14.09.2012

Roman Huber hat <link http: www.mehr-demokratie.de ausnahmezustand_in_karlsruhe.html external-link-new-window>einen Erfahrungsbericht aus Karlsruhe veröffentlicht. U.a. stellt er fest: "Kontroll- und Informationsrechte des Bundestags wurden gestärkt, es gilt nicht mehr die Unverletzlichkeit der Archive sowie die Immunität und Geheimhaltungspflicht der Bediensteten des ESM gegenüber dem Bundestag. Zudem wurde klargestellt, dass der ESM nicht bei der EZB Kredite aufnehmen darf, er bekommt also keine Banklizenz." 

Außerdem liegen nun die Statements der Bündnispartner
unserer Europa-Kampagne vor: <media 26131 - - "TEXT, 2012-09-14 Presse-Information Statements EU-Urteil, 2012-09-14_Presse-Information_Statements_EU-Urteil.pdf, 37 KB">Download</media> (PDF)

 

Erste Stimmen in Presse & Medien zum Urteil

<link http: www.zdf.de zdfmediathek beitrag video karlsruhe:-grünes-licht-für-esm external-link-new-window>ZDF heute journal (Video)

"Das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe hat den Weg für den Euro-Rettungsschirms ESM freigemacht – jedoch unter Vorbehalt: Maßnahmen zur Euro-Rettung müssten unter parlamentarischer Aufsicht stehen." Ein Beitrag mit Roman Huber von Mehr Demokratie und unserem Omnibus für direkte Demokratie.

<link http: www.anwalt.de rechtstipps bundesverfassungsgericht-esm-zulaessig-aber-unter-auflagen_031700.html external-link-new-window>Anwalt.de: ESM zulässig – aber unter Auflagen

„Weitere Auslegungsrisiken sieht das Bundesverfassungsgericht deshalb bei der Information der gesetzgebenden Organe im Rahmen des ESM. Die demokratische Legitimation als unverrückbarer Kern des Grundgesetzes dürfe keine Lücken haben. Nur als demokratisch legitimierte Rechtsgemeinschaft habe auch Europa eine Zukunft, so der Bundesverfassungsgerichtspräsident. Bundestag und Bundesrat müssten daher umfassend über die Schritte des ESM informiert werden. Der ESM dürfe nicht im Geheimen agieren.“

<link http: verfassungsblog.de das-esmurteil-des-bundesverfassungsgerichts-ein-fiebersenkendes-mittel external-link-new-window>Verfassungsblog: Das ESM-Urteil des BVerfG: ein fiebersenkendes Mittel

"Fazit: Inhaltlich korrigiert das heutige Urteil nichts an der bisherigen Europarechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts. Aber methodisch und stilistisch schon."

<link http: www.sueddeutsche.de politik urteil-des-bundesverfassungsgerichts-zum-esm-ja-aber-aber-ja-1.1465483 external-link-new-window>Süddeutsche.de: Ja, aber. Aber ja.

“Das Karlsruher Urteil zu ESM und Fiskalpakt weicht den wichtigsten Fragen aus. Es will ein Grundsatzurteil sein, hat aber Angst vor dem Grundsätzlichen. Es ist wieder einmal ein Ja-aber-Urteil. Aber das Ja dieses Urteils ist diesmal so kraftlos wie das Aber. Der Versuch der Richter, die deutsche Haftungssumme zu deckeln, wird wohl nicht funktionieren.“

<link http: www.dradio.de dlf sendungen interview_dlf external-link-new-window>Deutschlandradio: "Der ESM ist nicht gestoppt, aber der ESM ist nicht in Kraft"

"Er sei sehr gespannt, wie die die Bundesregierung die Auflagen des Verfassungsgerichts umsetzen werde, sagt Dietmar Bartsch, stellvertretender Fraktionsvorsitzender der Linken. In der jetzigen Form dürfe Bundespräsident Joachim Gauck das Gesetz zur Rettung des Euro jedenfalls nicht unterschreiben."

<link http: www.cicero.de berliner-republik esm-entscheidung-im-namen-des-volkes-reicht-nicht-mehr external-link-new-window>Cicero: Im Namen des Volkes reicht nicht mehr!

"Die Eurokrise indes hat die repräsentative Demokratie nun selbst in eine Krise gestürzt. Es ist nicht mehr zu übersehen, der Bundestag verkommt zum bloßen „Abnick-Organ“. Das 700-Seiten-Manifest zur Eurorettung wird kaum ein Abgeordneter mehr von A bis Z gelesen haben, um sich hinreichend in Kenntnis zu setzen. Der Bundestag hechelt den Vorgaben der Bundesregierung regelmäßig hinterher."

<link http: www.welt.de debatte kommentare article109167112 karlsruhe-weiss-wo-europas-hammer-der-macht-haengt.html external-link-new-window>Welt Online: Karlsruhe weiß, wo Europas Hammer der Macht hängt

"Einerseits: Das Bundesverfassungsgericht hat in diesen schwankenden Zeiten, in denen jeder spürt, dass Zeit ein kostbares Gut ist und hinter der nächsten Ecke eine europäische Katastrophe lauern kann, den ins Astronomische davon galoppierenden Rettungsversuchen des Euro keinen Riegel vorgeschoben. Es hat sich bescheiden gegeben, hat sich auf die Rolle des Verfassungsschützens zurückgezogen. Andererseits: Das Gericht hat an zwei Punkten jenen Recht gegeben und aus der Seele gesprochen, denen angesichts der aufzubringenden Rettungssummen schwindelig wird, die eine nach oben unbegrenzt offene Belastung Deutschlands befürchten oder die um die demokratische Legitimation der Euro-Rettungspolitik besorgt sind und eine Entmachtung des Parlaments kommen sehen."

<link http: www.fr-online.de schuldenkrise external-link-new-window>Frankfurter Rundschau: Die Grenzen des Rechts

"Europa ja, aber nur nach klaren, demokratischen Regeln: Der langen Reihe seiner Warnungen hat das Bundesverfassungsgericht eine weitere hinzugefügt. Politik darf handeln, wenn es um die Rettung des Euro geht. Aber sie muss auch endlich beginnen, an einem demokratischen Europa zu arbeiten."

<link http: www.faz.net aktuell wirtschaft europas-schuldenkrise nach-dem-urteil-der-verfassungsrichter-jetzt-geht-s-um-die-zentralbank-11887478.html external-link-new-window>FAZ.net: Jetzt geht’s um die Zentralbank

"Was das Verfassungsgericht heute entschieden hat, war nicht der Wunsch der Deutschen. Die Richter haben den europäischen Rettungsfonds ESM und den Fiskalpakt vorläufig passieren lassen - das wollte nur ein Viertel der Deutschen, mehr als die Hälfte war dagegen. Doch zum Glück ist in dem Urteil auch deutlich geworden: Die wichtigste Entscheidung kommt erst noch."

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