"Für die Demokratie!": Großdemonstration gegen TTIP und CETA im Herzen von Berlin

Rede von Mehr Demokratie-Vorstandssprecher Dr. Michael Efler zum 10.10.2015

Liebe Freundinnen und Freunde, liebe TTIP- und CETA-Gegnerinnen und Gegner,

ich war am Mittwoch in Brüssel, um gemeinsam mit vielen weiteren Aktivistinnen und Aktivisten aus zahlreichen EU-Staaten das Ende der selbstorganisierten Europäischen Bürgerinitiative "Stop TTIP" zu feiern.

Wir haben mit einer großen Waage symbolisiert, dass Bürgerinteressen mehr wiegen (sollen) als Interessen von Lobbyisten und Konzernen. Wir haben deutlich gemacht, warum wir TTIP und CETA ablehnen. Und wir haben natürlich das Endergebnis unserer EBI bekanntgegeben:

  • 3.263.920 Unterschriften!

  • 23 Mitgliedstaaten haben das Mindestquorum erreicht. Nicht
    nur Deutschland ist reich und hysterisch, Herr Gabriel!

  • Größte Europäische Bürgerinitiative bisher, mit den Unterzeichnern wäre
    eine Menschenkette von Gibraltar bis Nordfinnland an den Polarkreis möglich.

  • Vielen Dank an alle, die unterschrieben und mitgesammelt haben. Das
    ist unser aller Erfolg und da sollten wir auch stolz drauf sein!

Gerne hätten wir die Unterschriften direkt an Herrn Juncker, Herrn Timmermanns oder Frau Malmström übergeben. Doch leider hatte niemand von Ihnen Zeit und wir mussten mit einem sichtlich von der Situation überforderten Kommissionsbeamten vorlieb nehmen.

Ich werde immer mal wieder gefragt, warum sich Mehr Demokratie so gegen TTIP und CETA engagiert, das sind doch Handelsverträge. Wir stellen in der Tat bei allem was wir tun die Demokratiefrage in den Mittelpunkt. Und wir müssen einfach sehen: TTIP und CETA sind  intransparent und undemokratisch.

Verhandelt wird unter Ausschluss der Öffentlichkeit und selbst unsere gewählten Parlamentarierinnen und Parlamentarier bekommen keinen Einblick zu wichtigen Verhandlungsdokumenten, sie bekommen z.B. Vorschläge der USA. Vor 10 Tagen haben wir erst zusammen mit Abgeordneten von drei der vier Bundestagsfraktionen für einen besseren Informationszugang für Abgeordnete demonstriert. Liebe Leute, wie absurd und vordemokratisch ist das denn: Abgeordnete, die über das Abkommen abstimmen sollen, müssen sich erst mühsam mehr Transparenz erkämpfen.

Die Parlamente dürfen nur Ja oder Nein sagen, es sind keine Änderungen mehr möglich. Verhandeln tun für die EU ausschließlich Vertreter der EU-Kommission, die sich wiederum vor allem mit Wirtschaftslobbyisten berät. Ein übertriebener und zwischen Rechtsstaaten überflüssiger Investorenschutz ist ein prima Geschäft für Anwaltskanzleien und Prozessfinanzierer. Er ist eine Einbahnstraße und schafft nur Rechte und keine Pflichten für Investoren. Nur ausländische Investoren dürfen den Staat verklagen, nicht andersherum. Herkömmliche Schiedsgerichte sind eine Verhöhnung rechtsstaatlicher Standards und eine permanente Bedrohung öffentlicher Haushalte. Die Reformversprechen der EU-Kommission reichen bei weitem nicht aus und sind offensichtlich nicht ernst gemeint. Denn wie sonst ist es zu erklären, dass sie für TTIP gelten sollen, nicht aber für CETA. Das ist unlogisch und auch gefährlich. Denn CETA ist der kleine Bruder von TTIP.  

Und falls wir irgendwann feststellen, dass die Verträge doch nicht so toll sind, wie es uns versprochen worden ist, werden wir feststellen, dass sich kaum noch etwas ändern lässt. Änderungen brauchen die Zustimmung aller Vertragspartner und nach dem großen Aufwand, den Vertrag abzuschließen, will da so schnell keiner mehr ran. Und falls sich sogar jemand traut, den Vertrag wieder zu kündigen, wird man feststellen, dass gerade Investorenklagen noch viele Jahre und sogar Jahrzehnte später möglich sind.

Der breite Protest gegen TTIP und CETA hat sicherlich viele Gründe. Ich glaube aber auch, dass viele Menschen deswegen so besorgt und wütend sind, weil wieder einmal über ihre Köpfe hinweg eine Entscheidung von grundlegender Bedeutung getroffen wird. Niemand von uns ist gefragt worden, ob Verhandlungen zu TTIP aufgenommen werden sollen, niemand von uns wurde gefragt, welche Inhalte dabei eine Rolle spielen und wenn es nach den Herrschenden geht, soll auch niemand von uns gefragt werden, ob die Verträge in Kraft treten sollen.

Das dürfen wir uns nicht länger bieten lassen. Wir brauchen die Möglichkeit von Volksentscheiden auf Bundesebene bei grundlegenden Fragen – natürlich nicht nur, aber auch zu TTIP und CETA. Deutschland ist immer noch das einzige europäische Land, das seit Ende des 2. Weltkrieges keine Volksabstimmung auf nationaler Ebene erlebt hat. Ich finde, das muss sich ändern und es wäre mehr als angemessen, bei TTIP und CETA damit anzufangen.    

Deshalb: Für die Demokratie – Stop TTIP! Stop CETA!

Demonstration an der Siegessäule im Livestream:

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