Kritik an Reform der EU-Bürgerinitiative

Foto by Alexander Garrido Delgado | Lizenz: CC BY-SA 2.0

„Hilfreich, aber harmlos“, so bewertet Mehr Demokratie die heute vom Europäischen Parlament beschlossene Reform der Europäischen Bürgerinitiative (EBI). Beispielsweise können auch zukünftig die Bürger*innen keine Vorschläge für die Änderung der Europäischen Verträge machen.

Seit Jahren wird nach einer Reform der Europäischen Bürgerinitiative, kurz: EBI, verlangt. Wir haben Aufrufe gestartet, Briefe geschrieben und in Brüssel Unterschriften übergeben. Dann hat Frans Timmermans, Vizepräsident der EU-Kommission, sich für eine Reform stark gemacht. Heute hat das EU-Parlament zwar Änderungen beschlossen. Aber auch Chancen vertan.

Vorschläge für eine Änderung der EU-Verträge, also zur Substanz der EU, werden auch zukünftig nicht zugelassen. Die Grundlagen der EU, wie sie organisiert oder demokratisiert werden könnte, bleiben für die Bürger*innen tabu. Enttäuschend ist auch, dass nicht festgeschrieben ist, wie mit erfolgreichen Initiativen zu verfahren ist. Bislang haben die Organisatoren nur das Recht auf eine öffentliche Anhörung im Parlament - im Beisein der Kommission. Indem die EU hier auf verlässliche Regeln verzichtet, vergibt sie sich eine Chance, Vertrauen in die demokratischen Institutionen wieder wachsen zu lassen.

Ein Lichtblick: Das EU-Parlament hat sich nun in seiner Geschäftsordnung selbst verpflichtet, jede erfolgreiche EBI im Parlament zu diskutieren. Es gibt auch einige Verbesserungen: Die EU will bereits Menschen ab dem 16. Lebensjahr erlauben, eine EBI zu unterzeichnen. Der Beratungs- und Übersetzungsdienst für die Organisatoren wird ausgebaut. Und der Starttermin für die Unterschriftensammlung soll innerhalb von drei Monaten nach Registrierung einer EBI von den Initiatoren frei gewählt werden können. Immerhin. Aber warum so halbherzig?

Weshalb wird Bürgerengagement, nach dem Politiker*innen in Sonntagsreden regelmäßig verlangen, so gering geachtet? Wie soll denn Vertrauen in die EU-Institutionen wachsen, wenn ihnen freigestellt ist, wie sie sich zu dem Bürgervotum einer EBI verhalten?

Bei ihrer Einführung 2012 war die EBI eine Hoffnungsträgerin. Entstehen könnte eine europäische Zivilgesellschaft: Bürgerinnen und Bürger diskutieren über Ländergrenzen und Sprachbarrieren hinweg politische Inhalte. Heute aber sind viele Hoffnungen ernüchtert. Nur fünf Initiativen haben die Unterschriftenhürde von einer Million übersprungen.

Die EBI könnte der Ausgangspunkt sein, um auch auf Ebene der EU eine verbindliche Mitbestimmung der Bürger*innen zu schaffen. Könnte. Aber dafür müsste die EBI selbst deutlich weiterentwickelt werden. Das Projekt muss wieder auf die Tagesordnung – bei nächster Gelegenheit! Dafür werden wir sorgen müssen. Europa geht nur mit den Bürgerinnen und Bürgern.

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