Südtirol: Die Quoren-Bremse

In Südtirol gab es am Wochenende gleich fünf Abstimmungen - und alle waren ungültig. Die Boykottstrategie der Gegner ist aufgegangen. Ralf-Uwe Beck berichtet über die Lehren, die wir daraus ziehen müssen.

Es war die erste Volksabstimmung am 25. Oktober 2009. Am Rande einer Veranstaltung in den Tagen vor dem großen Tag hat mir eine Frau erzählt: „Ich habe im Herbst 1989 meine Töchter aus dem Bett geholt, damit sie im Fernsehen verfolgen, wie Menschen in Ostdeutschland sich für die Demokratie engagieren. Heute sind sie erwachsen und ich habe sie gebeten, von Dublin und Wien nach Hause zu kommen, nach Brixen, damit sie an der Volksabstimmung teilnehmen.“ Für viele Menschen und Initiativen war diese Abstimmung ein Hoffnungstag. Die entscheidende Hürde, die alle fünf Gesetzentwürfe nehmen mussten, war das Beteiligungsquorum von 40 Prozent. Genau daran ist die Abstimmung knapp gescheitert. Beteiligt haben sich zwischen 37,8 und 38,2 Prozent.

 

15 Jahre hat die Initiative für Mehr Demokratie für eine fair gestaltete direkte Demokratie gekämpft. 2005 hat der Südtiroler Landtag mit einem Gesetz Volksabstimmungen ermöglicht – und schlecht geregelt. Mit dem „Besseren Gesetz zur direkten Demokratie“ wollte die Initiative die Hürden senken. Das ist eines der fünf Gesetze, die zur Abstimmung standen, daneben noch eines zur direkten Demokratie, zum Flugplatz Bozen, zu Sozialwohnungen und Zweitwohnsitzen.

 

Eingetreten ist, wovor wir immer und immer wieder warnen, wenn Beteiligungs- oder Zustimmungsquoren beim Volksentscheid gelten. In der öffentlichen Debatte vor dieser ersten Volksabstimmung ging es hauptsächlich um die Beteiligung, nicht so sehr um die einzelnen Anliegen. Kein Wunder, hat doch die Südtiroler Volkspartei, bei der zehn Prozent der Einwohner Südtirols Mitglied sind, öffentlich und massiv zum Boykott aufgerufen. „Solange ein Beteiligungsquorum gilt, nutze ich es gegen die Anliegen“, so ein Funktionär der SVP.

 

Immerhin: Dem Ausbau der direkten Demokratie haben 80 Prozent zugestimmt. Bleibt zu hoffen, dass sich mit diesem Ergebnis die Landtagsabgeordneten zu Verhandlungen bewegen lassen. Es ist nie zu spät, Demokratie zu lernen.

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