Europäischer oder demokratischer Musterschüler?

23/05

Mit der Schnell-Ratifikation der EU-Verfassung setzt der Bundesrat das falsche Signal

Wenige Tage vor den Referenden in Frankreich und den Niederlanden will die Bundesregierung mit der einstimmigen Ratifikation der Europäischen Verfassung im Bundesrat ein Signal setzen. Zur Abstimmung am morgigen Freitag erklärte Claudine Nierth, Vorstandssprecherin der Bürgeraktion Mehr Demokratie:

 

"Der Bundesrat setzt das falsche Signal. Deutschland mag als europäischer Musterschüler erscheinen, wenn die Länderkammer einstimmig oder beinahe einstimmig für die Annahme des Verfassungsvertrags votiert. In Sachen Demokratie und Bürgerbeteiligung zeigt sich die Bundesrepublik durch den Verzicht auf eine Volksabstimmung wieder einmal als Entwicklungsland.

 

Das Ausland und zumal die Franzosen und die Niederländer, die in wenigen Tagen über die Verfassung abstimmen, wird die Entscheidung kaum beeindrucken. Dass Deutschland dem Vertragswerk zustimmen wird, steht ohnehin schon lange fest. Eine kontroverse öffentliche Debatte, wie sie in den Nachbarstaaten im Vorfeld der Referenden stattfindet, gab und gibt es hierzulande nicht. Die Verfassung wird im Eilverfahren und unter Ausschluss der Öffentlichkeit ratifiziert.

 

Der Bundesrat hätte ein deutliches und noch dazu demokratisches Signal setzen können - wenn er sich schon vor Monaten dafür ausgesprochen hätte, die Verfassung zum Gegenstand der ersten bundesweiten Volksabstimmung zu machen. Dem Ausland hätte das gezeigt, welche Bedeutung man dem Vertragswerk zumisst. Schon die öffentliche Diskussion im Vorfeld eines Referendums wäre ein Bekenntnis zu einem Europa der Bürger gewesen. Gegenüber der Bevölkerung wäre es ein Vertrauensbeweis gewesen, der 56 Jahre nach Inkrafttreten des Grundgesetzes - das ebenfalls nie vom Volk beschlossen wurde - längst überfällig ist."

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