Däubler-Gmelin und Degenhart: Enger Zeitplan zum ESM- und Fiskalvertrag ist absurd

[33/12] Ältestenrat muss Zeitplan überarbeiten

„Angesichts des am 19. Juni ergangenen Verfassungsgerichtsurteils, das die Mitwirkungsrechte des Bundestages bei der Eurorettungspolitik stärkt, ist der Zeitplan für den Beschluss von Eurorettungsschirm (ESM) und Fiskalpakt durch Bundestag und Bundesrat absurd und untragbar“, so Bundesjustizministerin a.D. Herta Däubler-Gmelin, die gemeinsam mit dem Leipziger Staatsrechtler Christoph Degenhart das Bündnis „Europa braucht mehr Demokratie“ vertritt. Auf Initiative des Vereins Mehr Demokratie bereiten die Prozessbevollmächtigten für das Bündnis einen Eilantrag vor dem Bundesverfassungsgericht vor, um die Ratifizierung der beiden Verträge durch die Bundesrepublik vorerst zu stoppen.

Am kommenden Freitag soll der Bundestag um 17 Uhr in zweiter und dritter Lesung die Zustimmungs- und Begleitgesetze bezüglich ESM und Fiskalvertrag beschließen. In diese Beratung sollen etwaige Ergebnisse des EU-Gipfels vom 28. und 29. Juni 2012 einfließen. Unmittelbar danach soll der Bundesrat zustimmen – ebenfalls innerhalb weniger Stunden. „Diese Hektik ist angesichts der Komplexität der Materie völlig fehl am Platz und mache eine ernsthafte Auseinandersetzung mit den Verträgen unmöglich“, unterstreicht Degenhart. „Es sind längst nicht alle wesentlichen Fragen in Bezug auf die Eurorettungspolitik beantwortet. Mit dem momentanen Zeitplan können ESM und Fiskalvertrag nicht verhandelt, sondern höchstens durchgewunken werden. Bei diesem handstreichartigen Verfahren wird das Parlament zum bloßen Akklamationsorgan.“

Besonders kritikwürdig sei das geplante Schnellverfahren angesichts des gerade gefällten Urteils, mit dem das Bundesverfassungsgericht einer Klage der Grünen-Bundestagsfraktion entsprach. Der Bundestag muss demnach so früh wie möglich in die Debatte über internationale Verträge einbezogen werden. „Ein wesentlicher Aspekt des Urteils ist, dass gerade bei Kompetenzverlagerungen auf die EU-Ebene eine besonders intensive, auch öffentlichkeitswirksame Diskussion nötig ist“, so Däubler-Gmelin. „Vor diesem Hintergrund ist es jetzt dringend geboten, den Zeitplan zu überarbeiten“, verlangt das Bündnis vom Ältestenrat des Bundestages.

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