Mehr Demokratie begrüßt den ersten Bürgerentscheid in Leipzig

[2/08] Leipziger entscheiden am Sonntag über die Privatisierung städtischer Betriebe

 

Die Leipziger Bürgerinnen und Bürger dürfen am Sonntag, den 27. Januar, in einem Bürgerentscheid über die Privatisierung städtischer Betriebe abstimmen. Sollte der Vorschlag der Initiative "Stoppt den Ausverkauf unserer Stadt!" die Mehrheit erhalten, wäre der Teilverkauf der Stadtwerke für die nächsten Jahre vom Tisch. Der erste Bürgerentscheid in der Messestadt stößt fünf Tage vor der Entscheidung auf großes öffentliches Interesse: Bisher haben 22.200 Wahlberechtigte Briefabstimmungsunterlagen beantragt und über 16.470 per Wahlbrief abgestimmt. Zum Vergleich: Bei der Wahl des Oberbürgermeisters 2006 waren fünf Tage vor der Wahl rund 22.060 Wahlbriefe ausgestellt worden und 17.525 davon bereits wieder eingegangen.

 

Eine Intiative unter dem Motto "Stoppt den Ausverkauf unserer Stadt!" hatte seit September 42.000 Unterschriften gesammelt und damit den Bürgerentscheid durchgesetzt. Im Zentrum der Kritik steht der geplante Verkauf von fast 50 Prozent der Stadtwerke an den Energiekonzern Gaz de France, der für die Stadt 520 Millionen Euro einbringen würde.

 

Oberbürgermeister Burkhard Jung (SPD) wirbt ebenso wie SPD, CDU und FDP für das Geschäft, das der Messestadt Schuldenabbau und Zinseinsparung ermöglichen soll. Gegner dieser Pläne, zu denen auch Grüne und Linke gehören, befürchten, dass zu Gunsten der Haushaltssanierung die Grundversorgung der Bürger mit sozialen und wirtschaftlichen Dienstleistungen vernachlässigt wird. Kommunale Betriebe seien "in erster Linie dem Gemeinwohl verpflichtet", heißt es auf der Internetseite der Intiative. Das Bürgerbegehren wendet sich deshalb auch gegen die Privatisierung weiterer kommunaler Betriebe wie der Leipziger Wohnungs- und Baugesellschaft.

 

Soll der Vorschlag der Initiative Erfolg haben, müssen mindestens 25 Prozent der rund 416.000 wahlberechtigten Leipziger, also knapp 104.000, mit "Ja" stimmen. Margarete Gallhoff, Sprecherin des Vereins Mehr Demokratie in Sachsen, geht davon aus, dass das Zustimmungsquorum erreicht wird. "Eine hohe Beteiligung zeichnet sich schon jetzt ab. Das zeigt, dass Bürgerinnen und Bürger über die Zukunft ihrer Stadt mitentscheiden wollen. Aber ganz unabhängig vom Ausgang ist der Bürgerentscheid für die direkte Demokratie in Leipzig und Sachsen ein großer Schritt nach vorn." Im Vergleich zu anderen Bundesländern gab es in sächsischen Kommunen bisher verhältnismäßig wenige Bürgerentscheide.

 

Gerade Privatisierungen städtischer Betriebe sind immer wieder Thema direktdemokratischer Initiativen. Bekannt geworden ist Ende 2006 der Bürgerentscheid in Freiburg, der den Verkauf städtischer Wohnungen verhinderte. In Meissen wurde die Entscheidung für den mehrheitlichen Verkauf der Elblandkliniken auf Grund eines Bürgerbegehrens zurückgenommen. In Schwerin entschied sich der Stadtrat Mitte 2007 im Sinne des Bürgerbegehrens gegen den Verkauf der kommunalen Wohnungsgesellschaft.

 

Aktuelle Zahlen zur Wahlbeteiligung und Informationen zur Abstimmung unter www.leipzig.de/de/buerger/politik/wahlen/buergerent/2008/index.aspx

 

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