Mehr Demokratie: Bestrafung von Abweichlern schwächt das Parlament

[19/15] Kauder kritisiert Abweichler in der Fraktion: Fachverband kritisiert Drohung mit Ausschuss-Verbot

Der Verein Mehr Demokratie kritisiert die Androhung des Unionsfraktionsvorsitzenden Volker Kauder, diejenigen Abgeordneten, die von der Parteilinie abweichen, nicht mehr in die entscheidenden Gremien zu berufen. „Wenn Abgeordnete nur noch nach Fraktionszwang abstimmen dürfen und nicht mehr ihrem eigenen Gewissen folgen, bedeutet das eine Schwächung des Parlaments als Ganzes“, sagt Mehr Demokratie-Vorstandssprecherin Claudine Nierth.

„Ein Parlament ist ein Ort der offenen Debatte und des Austauschs von Argumenten“, erklärt Nierth. „Die Unabhängigkeit der Abgeordneten in einzelnen Fragen ist viel höher zu werten als die Geschlossenheit der Fraktion. Auch auf Bundesebene sollte es den Wählerinnen und Wählern möglich sein, einzelnen Personen statt nur Parteien als Ganzes das Vertrauen auszusprechen.“ Mehr Demokratie fordert auch auf nationaler Ebene die Einführung veränderbarer Parteilisten, wie sie in fast allen Bundesländern bei den Kommunalwahlen und in drei Ländern auch bei den Landtagswahlen existieren. Statt mit der Zweitstimme nur festgelegte Parteilisten zu wählen, können zum Beispiel in Bayern auch Kandidierende direkt angekreuzt werden.

„Angela Merkel ist das beste Beispiel dafür, wie sehr einzelne Personen mit ihrem Profil die Politik prägen können. Wieso sollte Parlamentariern das verboten sein?“, meint Nierth. „Abgeordnete für unabhängiges Denken abzustrafen, etwa aus dem Haushaltsausschuss zu werfen, weil sie dem Euro-Rettungskurs der Regierung widersprechen, schadet unserer Demokratie.“ Es könne nicht im Interesse der Menschen sein, wenn gewählte Abgeordnete ihre Überzeugungen aus Angst vor persönlichen Folgen hinter der Parteilinie verstecken müssten.

Unionsfraktionschef Volker Kauder hatte gegenüber der „Welt am Sonntag“ geäußert, die 60 Unionsabgeordneten, die gegen erneute Milliardenkredite für Griechenland gestimmt haben, könnten „nicht in Ausschüssen bleiben, in denen es darauf ankommt, die Mehrheit zu behalten: etwa im Haushalts- oder Europaausschuss.“

Wahlrechts-Forderungen von Mehr Demokratie:

<link file:12659>Positionen 17: Reform des Bundestagswahlrecht

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