Sigmar Gabriel: Direkte Demokratie darf keine Show-Veranstaltung sein

[32/13] Mehr Demokratie-Kandidatencheck: 90 Prozent der Bundestagskandidierenden für bundesweiten Volksentscheid

Mehr als 90 Prozent der befragten Kandidatinnen und Kandidaten für den Deutschen Bundestag sprechen sich für die Einführung von bundesweiten Volksentscheiden aus. Dies ergibt der Kandidatencheck von Mehr Demokratie e.V. Von den derzeit im Bundestag vertretenen Parteien befürwortet eine deutliche Mehrheit der Kandidierenden direkte Beteiligungsmöglichkeiten auf Bundesebene, bei anderen Parteien wie Piraten oder ÖDP gibt es sogar hundertprozentige Zustimmung. Einzig die Kandidierenden der Unionsparteien blockieren nach wie vor. Dies zeigt zuerst die im Vergleich zu anderen Parteien geringe Teilnahmequote am Kandidatencheck (43% der Kandidierenden der CDU/CSU). Von den Teilnehmenden sind lediglich 19 Prozent der CDU- und 32 Prozent der CSU-Kandidierenden für den Volksentscheid. Geht es allerdings um die Frage nach zwingenden Referenden bei der Übertragung von Hoheitsrechten an die Europäische Union, ist sich die Union uneins: So stimmen bei dieser Frage des Kandidatenchecks nur 17 Prozent der CDU-, aber gut 77 Prozent der CSU-Kandidierenden für die Einführung eines solchen Referendums.

"In den Parteiprogrammen der meisten Parteien ist der Volksentscheid mittlerweile eine Selbstverständlichkeit. Die Union allerdings isoliert sich in Sachen direkter Demokratie zunehmend selbst und agiert gegen die Wünsche der Bürgerinnen und Bürger", so Ralf-Uwe Beck, Bundesvorstandssprecher von Mehr Demokratie. "Die Bevölkerung – auch 60 Prozent der Unionswähler – verlangt nach dem bundesweiten Volksentscheid."

Bei dem Online-Kandidatencheck von Mehr Demokratie wurde gefragt, wie die Kandidatinnen und Kandidaten zur Einführung von Volksinitiative, Volksbegehren und Volksentscheid, zu obligatorischen Referenden bei Grundgesetzänderungen und der Abgabe von Souveränitätsrechten auf die europäische Ebene und zu so genannten fakultativen Referenden stehen, mit denen Entscheidungen des Bundestages per Volksentscheid überprüft werden können. Zudem gab es die Möglichkeit, Statements abzugeben und seine Position zu begründen. Besonders Spitzenpolitiker von SPD, FDP, DIE LINKE und BÜNDNIS90/DIE GRÜNEN zeigen sich in ihren Statements im Kandidatencheck als große Unterstützer von mehr direkter Demokratie auf Bundesebene.

Der Parteivorsitzende der SPD, Sigmar Gabriel, ist ein "glühender Verfechter von Volksentscheiden auf Bundesebene." Ihm sei besonders wichtig, dass die direkte Demokratie echte Mitarbeit der Bevölkerung ermögliche und nicht zu einer "Show-Veranstaltung" werde. "Denn wenn wir Abgeordneten wissen, dass grundsätzlich jedes Gesetz durch einen Volksentscheid gekippt werden kann, werden wir uns viel mehr Mühe geben, unsere Entscheidung nicht nur im Parlament, sondern auch in der Öffentlichkeit zu begründen", so Gabriel.

Rainer Brüderle, Spitzenkandidat der FDP, stellt heraus, dass in einer gereiften Demokratie die Bürger auch über Wahlen hinaus einen unmittelbaren Einfluss auf die politische Willensbildung erhalten sollten. Dies könne auch zu einem höheren Maß an Legitimation für bestimmte Vorhaben führen und für die spätere Umsetzung eine wertvolle politische Grundlage bilden.

Gregor Gysi, DIE LINKE, vertritt die Meinung, dass Menschen, denen man Verantwortung gebe, sich auch verantwortlich verhielten – die Frage nach dem bundesweiten Volksentscheid könne er demnach nur mit „Ja“ beantworten.

Katrin Göring-Eckardt, BÜNDNIS90/DIE GRÜNEN, meint: "Wir wollen auch im Bund direkte Demokratie ermöglichen. Sie kann die repräsentative Demokratie gut ergänzen. Wir sind der Meinung, dass unsere Demokratie durch die Einführung der Volksgesetzgebung auf Bundesebene lebendiger und bunter wird."

Innenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) kann sich Volksentscheide vorstellen, wenn es um Souveränitätsabgaben an die EU geht: "Einen bundesweiten Volksentscheid für hervorgehobene europapolitische Entscheidungen von besonderer Tragweite unterstütze ich. Die Bürgerinnen und Bürger in Deutschland sollten mit Hilfe eines Volksentscheids unmittelbar entscheiden dürfen, wenn beispielsweise die Übertragung von wesentlichen Kompetenzen auf die EU, der Beitritt weiterer Länder in die EU oder die Übernahme erheblicher Finanzdienstleistungen bei der Bewältigung der Krise in der Eurozone bevorsteht."

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