Verfassungsgericht lässt ESM-/Fiskal-Vertrag unter Auflagen passieren

[43/12] Bündnis „Europa braucht mehr Demokratie“: Warnschuss für die Politik

Das Bundesverfassungsgericht hat in seinem Urteil vom heutigen Mittwoch (12. September) entschieden, dass Fiskalvertrag und Euro-Rettungsschirm (ESM) unter bestimmten Auflagen verfassungskonform sind. Die Karlsruher Richterinnen und Richter legten fest, dass der Bundespräsident die Ratifizierungsgesetze unterzeichnen darf, sofern bestimmte völkerrechtliche Vorbehalte eingehalten werden: Die Haftungsgrenze Deutschlands darf 190 Milliarden Euro nicht überschreiten und nicht ohne Zustimmung des deutschen Vertreters in den ESM-Gremien erhöht werden – dazu muss das Mitglied im Gouverneursrat durch Bundesgesetz ermächtigt werden. Weiterhin muss sichergestellt werden, dass Bundestag und Bundesrat trotz beruflicher Schweigepflicht der für den ESM tätigen Personen umfassend informiert werden können – diese Informationsrechte muss der Bundestag sich jetzt sichern. Den Fiskalvertrag beanstandeten die Richterinnen und Richter nicht.

„Wir haben uns eine deutlichere Kritik an den Verträgen erhofft“, so Roman Huber, geschäftsführender Vorstand des Vereins Mehr Demokratie. Der Verein hatte die von 37.000 Menschen getragene Bürgerklage des Bündnisses „Europa braucht mehr Demokratie“ initiiert. Bisherige Urteile des Verfassungsgerichts hatten eine rote Linie angedeutet, ab der Souveränitätsübertragungen und Zentralisierungsschritte nicht mehr vom Grundgesetz gedeckt wären. „Nach dem heutigen Urteil ist diese Linie mit ESM und Fiskalvertrag noch nicht überschritten“, so Huber. „Wir kommen ihr aber immer näher. Diesen Verträgen werden weitere Maßnahmen wie eine Finanzverfassung und eine europäische Wirtschaftsregierung folgen.“

Nun müsse auf der politischen Ebene ausgehandelt werden, wie weit die europäische Integration über die Köpfe der Bürgerinnen und Bürger hinweg noch gehen dürfe. Dass der Zug in Richtung Bundesstaat nicht einfach ungebremst weiterrasen könne, sei mittlerweile, nicht zuletzt auf Grund der aktuellen Verfassungsbeschwerden, auch den meisten führenden Politikerinnen und Politikern klar, meint Huber. „Insofern sind die Bürgerklage und das heutige Urteil auch als Warnschuss für die Politik zu verstehen: Eine stabile EU lässt sich langfristig nicht ohne Parlamentsbeteiligung und ohne die Bürgerinnen und Bürger bauen.“ Für alle zukünftigen Souveränitätsübertragungen auf die EU-Ebene, fordert Mehr Demokratie obligatorische Referenden. Dafür müsste der Artikel 23 des Grundgesetzes geändert werden.

Hinweis an die Redaktionen:

Wir laden Sie herzlich ein zu unserer

Pressekonferenz „Wie weiter nach der Karlsruher Europa-Entscheidung?“

am 14. September, 10:30 Uhr, Hotel Albrechtshof, Albrechtstraße 8, 10117 Berlin.

Teilnehmende: Julia Berg, Pressesprecherin Bund der Steuerzahler; Michael Efler, Vorstandssprecher Mehr Demokratie e.V.; Roman Huber, geschäftsführender Vorstand Mehr Demokratie e.V.; Daniel Schily, Vorstand Democracy International

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