Zaghafte Bürgerbegehrens-Reform in Hessen

[66/11] Mehr Demokratie begrüßt Hürdensenkung und kritisiert Einschränkungen bei der Bauleitplanung

Der Verein Mehr Demokratie begrüßt die Reform bei kommunalen Bürgerbegehren, die morgen (15. November) im Hessischen Landtag verabschiedet werden soll. Der Gesetzentwurf der Landtags-Fraktionen von CDU und FDP zur Reform der Hessischen Gemeindeordnung sieht vor, das 10-Prozent-Unterschriftenquorum bei Bürgerbegehren zu senken. „Bisher findet in einer hessischen Gemeinde nur alle 22 Jahre ein Bürgerbegehren statt“, sagt Michael Efler, Vorstandssprecher des Vereins Mehr Demokratie.

„Die geplante Staffelung des Quorums wird die Bedingungen für die direkte Demokratie auf der kommunalen Ebene zumindest etwas verbessern“, so Efler. Der schwarz-gelbe Entwurf sieht vor, die Hürden beim Bürgerbegehren nach Gemeindegröße zu staffeln, so dass sie zwischen 3 Prozent in großen und 10 Prozent in kleinen Gemeinden liegen. Diese Senkung würde sich immerhin für die 12 hessischen Städte mit über 50.000 Einwohnern positiv auswirken. In den anderen 414 Gemeinden wird die Staffelung dagegen keine Verbesserung bringen. „Besser wäre es gewesen, das Quorum für alle Gemeinden unter 50.000 Einwohner auf 7 Prozent zu senken“, sagt Efler. „Dort, wo die Hürden niedriger sind, beteiligen sich die Menschen auch aktiver an der Politik.“ So erlebt ein Hamburger oder Berliner Bezirk alle 1 bis 1,5 Jahre ein Bürgerbegehren, in Flächenländern wie NRW findet pro Gemeinde immerhin alle 12 Jahre ein Bürgerbegehren statt.

Positiv bewertet Mehr Demokratie die geplante Fristverlängerung bei Bürgerbegehren, die sich gegen Beschlüsse des Gemeinderats richten. Statt sechs Wochen sollen Bürgerinnen und Bürger künftig acht Wochen Zeit haben, um per Bürgerbegehren Einspruch zu erheben.

Kritisch sieht der Verein dagegen den schwarz-gelben Vorschlag, den Bürgereinfluss im Bereich der Bauleitplanung einzuschränken. Die Möglichkeit, ein Bürgerbegehren zu starten, soll dort künftig auf den ersten Planungsschritt, den sogenannten Aufstellungsbeschluss, beschränkt werden. „Grundsätzlich sollten die Bürgerinnen und Bürger die gleichen Entscheidungskompetenzen haben wie ihre Vertreter in den Parlamenten“, betont Efler. Das gelte sowohl für mögliche Themen als auch für die Fristen, in denen ein Bürgerbegehren eingeleitet werden kann.

Darüber hinaus sieht Mehr Demokratie die geringe Erfolgsaussicht für Bürgerbegehren in Hessen als Beteiligungsbremse. Fast jedes dritte Bürgerbegehren wird für unzulässig erklärt – vor allem auf Grund von Themenausschlüssen. Von den Begehren, die es bis zur Abstimmung schaffen, scheitern rund 20 Prozent im Bürgerentscheid. Bei der Abstimmung muss eine Zustimmungshürde von einem Viertel der Wahlberechtigten übersprungen werden. „Das Quorum beim Bürgerentscheid kann zu taktischem Abstimmungsboykott und führen und sollte deshalb komplett abgeschafft werden“, sagt Efler.

Insgesamt bewertet Mehr Demokratie die Änderung der Gemeineordnung als kleinen Schritt nach vorn. Eine Reform der kommunalen Direktdemokratie wird in Hessen schon seit Jahren diskutiert: Nach Gesetzentwürfen der Grünen (2007), der SPD (2010) und der Linken (2010) hatten auch CDU und FDP einen Gesetzentwurf zur Änderung der Gemeindeordnung vorgelegt. Die Linke, die SPD und die Grünen reagierten darauf wiederum mit Änderungsanträgen, die aber aller Wahrscheinlichkeit nach bei der morgigen Sitzung keinen Erfolg haben werden.

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