Wahlrechts-Vorschlag der Ampelkoalition geht laut Fachverband nicht weit genug

Mehr Demokratie: Keine Wahlrechtsreform ohne echte Ersatzstimme

„Guter Einstieg, ausbaufähig“, so kommentiert Mehr Demokratie-Bundesvorstandssprecher Ralf-Uwe Beck den Vorschlag für eine Wahlrechts-Reform, der heute durch die Ampelkoalition verabschiedet werden soll. Mit einem lediglich „minimalinvasiven Eingriff“, wie es der Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, Sebastian Hartmann, gegenüber dem Redaktionsnetzwerk Deutschland formulierte, würde eine Chance vertan.

„Wir begrüßen, dass der Bundestag mit dem Ampel-Vorschlag auf seine ursprünglich vorgesehene Größe beschränkt werden soll und finden auch die Ersatzstimme grundsätzlich sinnvoll“, erklärt Beck. „Die Reform sollte dabei aber nicht stehenbleiben. Eine Ersatzstimme wäre vor allem auch bei den Zweitstimmen angebracht, um zu verhindern, dass Millionen Stimmen auf Grund der Sperrklausel unter den Tisch fallen.“.

Im Vergleich zur Bundestagswahl 2017 ist der Anteil unberücksichtigter Parteistimmen aufgrund der Sperrklausel bei der letzten Wahl erneut gestiegen. Mehr als vier Millionen Wählerinnen und Wähler hatten mit ihrer Zweitstimme keinen Einfluss auf die Zusammensetzung des Bundestags, obwohl sie eine gültige Stimme abgegeben haben. Eine Ersatzstimme, die dann zum Zuge kommt, wenn die mit der Zweitstimme bedachte Partei an der Hürde scheitert, würde dieses Problem lösen.

Auch bei den Personenstimmen sei eine Ersatzstimme sinnvoll, so wie es die Ampel jetzt vorschlägt. Sie sollte allerdings nicht nur in Wahlkreisen gelten, wo Überhangmandate anfallen, sondern in allen 299 Wahlkreisen, erklärt Beck. „Im Augenblick haben wir die Situation, dass die Wahlkreisgewinner nur noch von einem Bruchteil der Wählerinnen und Wähler gewählt werden. Bei der letzten Wahl hat in mehr als der Hälfte der Wahlkreise eine Person gewonnen, die maximal ein Drittel der Stimmen hinter sich hat. Dieses Legitimationsdefizit könnte eine konsequent angewandte Ersatzstimme lösen.“

Mehr Demokratie fordert seit Langem eine Reform des Bundestagswahlrechts und hat dafür im Februar knapp 94.000 Unterschriften für den Aufruf „Von XXL zurück auf L“ an das Bundestagspräsidium übergeben.

Stellungnahme des Arbeitskreises Wahlrecht von Mehr Demokratie zum Ampel-Vorschlag: https://www.mehr-demokratie.de/fileadmin/pdf/2022/2022-06-30_AK-Wahlrecht_Stellungnahme_Wahlrechtsreformvorschlag_der_Ampelkoalition.pdf

Kompletter Reformvorschlag von Mehr Demokratie für das Bundestagswahlrecht: https://www.mehr-demokratie.de/themen/wahlrecht/wahlrecht-12816

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