Wahlrechtsreform „demokratiepolitisch bedenklich“

+++Grundmandatsklausel muss bleiben+++ Fachverband schreibt Eil-Brief an alle Bundestagsabgeordneten ++

Vor der Verabschiedung der Wahlrechtsreform im Bundestag wendet sich der Fachverband Mehr Demokratie mit einem Eil-Brief an alle 736 Bundestagsabgeordneten. Die geplante Streichung der Grundmandatsklausel sei „demokratiepolitisch bedenklich“, schreiben Claudine Nierth und Ralf-Uwe Beck, Bundesvorstandssprecher des Vereins. Die Streichung sei unnötig, um das Ziel einer Bundestags-Verkleinerung zu erreichen, steht in dem Brief, der gestern an alle Abgeordneten ging.

Der geplante Wegfall der Grundmandatsklausel wäre ein Demokratie-Rückschritt: „Der Bundestag wäre ohne Grundmandatsklausel weniger repräsentativ. Bereits jetzt bleiben aufgrund der Sperrklausel bei jeder Wahl mehrere Millionen Stimmen unberücksichtigt (2021: 3,9 Millionen Stimmen). Mit der Abschaffung der Grundmandatsklausel könnte diese Zahl noch einmal deutlich steigen“, heißt es in dem Schreiben an die Bundestagsabgeordneten. Da es keinen erkennbaren Grund für die Abschaffung der Klausel gäbe, „könnte in der Bevölkerung der Eindruck entstehen, die regierenden Parteien würden hier in eigener Sache entscheiden“, heißt es in dem Schreiben.

Die Grundmandatsklausel ermöglichte Parteien bisher den Einzug in den Bundestag, wenn sie bundesweit die Fünf-Prozent-Marke verfehlen, aber mindestens drei Direktmandate erringen konnten. Für die Partei DIE LINKE, aber auch für die CSU würde der Wegfall der Klausel eine unmittelbare Gefahr für den erneuten Wiedereinzug in den Bundestag bedeuten. Die LINKE erreichte bei der letzten Bundestagswahl 4,9 Prozent der Stimmen, holte aber drei Direktmandate, die CSU schaffte es mit 5,2 Prozent nur knapp über die Fünf-Prozent-Hürde, könnte also von der Abschaffung ebenfalls betroffen sein.

Der Demokratie-Verband kritisiert zudem, wie diese Reform auf den Weg gebracht wurde. Dazu heißt es in dem Schreiben: „Eine so grundlegende Reform im Eiltempo zu beschließen, schadet dem ohnehin schon beschädigten Vertrauen in die demokratischen Institutionen.“

Mehr Demokratie bittet alle Abgeordneten, die Grundmandatsklausel beizubehalten und diese wichtige Demokratie-Regelung nicht ohne Not zu streichen. Außerdem solle der Bundestag grundsätzlich die Wahlrechtsänderungen möglichst im Einvernehmen mit allen Fraktionen beschließen. Das sei bei früheren Wahlrechtsreformen der Fall gewesen.

Weitere Ressourcen:

●               Positionspapier:       Kriterien für eine Reform des Bundestagswahlrechts

●               Vorschlag:   Minimal-Variante einer Wahlrechts-Reform       

●               Chronologie zur Reform des Bundestagswahlrechts       

●               Ersatzstimmen-Kampagne:  Rettet unsere Stimmen!

 

 

Teilen:
nach oben