Französischer Minister bedroht Iren...

Die Umfragewerte schwanken und die europäischen Eliten werden nervös. Mittlerweile werden die EU-kritischen Iren schon offen bedroht. Heute sind die letzen großen Debatten, bevor sich morgen zeigt, ob die Angstkampagne der "Ja"-Seite Erfolg bringt.

Die Iren "wären die ersten Opfer", wenn sie am Donnerstag in der Volksabstimmung über den EU-Reformvertrag mehrheitlich mit "nein" wählten. Dies würde ein "gewaltiges Unverständnis" verursachen, so der französische Außenminister Bernard Kouchner heute auf Radio RTL. Er betonte, [die Iren] "profitierten mehr davon als die anderen". "Jeder wird den Vertrag ratifizieren. Es wäre sehr, sehr peinlich, wenn man nicht auf die Iren zählen könnte, die ihrerseits oft auf Europa gezählt haben." (Le Figaro, 9 June 2008)

Für mich klingt das nach einer Drohung. Einer Drohung ans irische Volk, nicht logischen Argumenten zu folgen, sondern einfach einen Vertrag zu siegeln und stempeln, der womöglich gar nicht in ihrem besten Interesse ist. Das mag in vielen nationalen Parlamenten gängige Vorgehensweise sein, wo die Deputierten den Vertrag abgesegnet haben, ohne über ihn Bescheid zu wissen. Aber in einer Volksabstimmung wollen die Menschen wissen, wofür sie da wählen (oder wogegen).

Und diese Drohung wurde von Frankreichs Außenminister ausgesprochen, einem Mann, der europäische Eliten vertritt und nicht einmal das Urteil seines eigenen Volks respektiert. Ich bin viel eher der Meinung, dass solches Verhalten - nämlich die Missachtung der Referendumsergebnisse in Frankreich und Holland - mehr als alles andere dafür verantwortlich ist, dass es eine Mange "Unverständnis" unter gewöhnlichen Bürgern gab, die bis zu diesem Punkt noch glaubten, sie lebten in einer Demokratie.

Doch Irlands Volk hat keine drohenden Ausländer nötig - seine eigenen Eliten sind darin schon ganz gut. Lassen Sie mich ein paar Titelzeilen der heutigen Irish Times zitieren: "Wahlausgang wird über zukünftige Entwicklung entscheiden, sagt Cowen" - "Nein wird Irland 'auf einen unsicheren Weg führen'" - "Nein würde Europa in große Krise stürzen" - "Nein stimmen für Angst. Ja stimmen für Hoffnung. Die Wahl liegt bei uns."

Die 12-Uhr-Nachrichten auf RTE1 wurden mit der Aussage eröffnet: Irritierte Bürger sagten Premierminister Brian Cowen, ein Nein-Vertreter hätte ihnen erzählt, im Falle einer Annahme des Vertrags müssten ihre Söhne einer europäischen Armee beitreten. Was für ein Journalismus ist das, der eine Hauptnachrichtensendung des öffentlich-rechtlichen Fernsehens mit solch einer Äußerung beginnen lässt? Da kann nur ein Motiv dahinterstecken: Die Nein-Seite in Verruf zu bringen.

Morgen ist der letzte Tag, an dem Lissabon ein Thema im Fernsehen sein darf. Die letzte Fernsehdebatte wird zur Hauptsendezeit auf RTE1 ausgestrahlt. Und die letzten Kombattanten sind der Expräsident der Europäischen Parlaments Pat Cox und die italienische Grünen-Abgeordnete Monica Frassoni und auf der Nein-Seite Patricia McKenna und der dänische Abgeordnete Jens-Peter Bonde.

Die Printmedien werden noch am Mittwoch berichten, am letzten Tag, bevor das Schicksal über den Reformvertrag - auch bekannt als EU-Verfassung - zum zweiten Mal entscheiden wird.

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