Buch: Die zerrissene Gesellschaft

Unsere Vorstände Claudine Nierth und Roman Huber haben ein Buch geschrieben. Der Titel: „Die zerrissene Gesellschaft. So überwinden wir Spaltung im neuen Krisenzeitalter.“ Das Buch ist keine Vereinspublikation, hat aber viele Berührungspunkte zur Arbeit von Mehr Demokratie. Hier geben wir einen Überblick über Thesen und Inhalte.

Kollektives Trauma wirkt sich auf die Demokratie aus

Die zerrissene Gesellschaft ist vor allem eine getriggerte Gesellschaft. Trauma heißt: zu viel, zu schnell, zu plötzlich. Nicht verarbeitetes Trauma ist immer präsent - die Zeit heilt hier keine Wunden. Wer im Trauma steckt, sieht die Welt durch diese Brille. Deswegen wirkt die Geschichte bis in die Gegenwart.

Die ganze Gesellschaft befindet sich im Krisenmodus. Viele Menschen merken erst jetzt, was für eine riesige Belastung die Corona-Zeit für sie war und sie sind noch immer erschöpft. Gleichzeitig bedrücken sie aber schon die nächsten Krisen durch die Klimaveränderung und den Krieg in Europa. Die Krisenlage erzeugt Abstiegs- und Zukunftsangst.

Das Gefühl, Krisen nicht bewältigen zu können, führt zu Stress und es kommt zu Ausweichhandlungen. Eine davon ist die Aggression (fight). Man geht mit dem Druck nach draußen und wälzt ihn auf andere ab. Oder trägt das Ganze nach innen (flight), was zu Depressionen und Angststörungen führen kann. Eine dritte Möglichkeit ist das Verleugnen (freeze) und auch das Betäuben zum Beispiel durch Alkohol, Drogen oder Spiele. All das hat vor allem bei jungen Menschen zugenommen.

Populistische Parteien instrumentalisieren diese Ängste und besetzen geschickt Themen, die von anderen Parteien liegen gelassen werden. Sie inszenieren sich als Sprachrohr der Enttäuschten und Zornigen und versprechen einfache Lösungen.

Emotionen bestimmen die Politik stärker als Rationalität

Bei emotionalisierten Themen spielt die Rationalität eine geringe Rolle und Menschen kommen systematisch zu falschen Ergebnissen. Je klüger und informierter Menschen sind, desto mehr sind sie in der Lage, sich politische Fakten und Anschauungen so zurechtzulegen, dass sie ihren politischen Identitäten entsprechen. Politische Überzeugungen jedoch können Fakten und Vernunft ausschalten. Was empfunden wird, spielt eine weitaus größere Rolle als das, was gedacht wird. Bei Wahlen sind die Gefühle, die wir gegenüber der anderen Seite hegen, fast am wichtigsten. 

Wenn Positionen oder Meinungen erst Teil der eigenen Identität geworden sind, ändert man sie nicht mehr. Das wäre zu gefährlich und zu schmerzhaft. Menschen lassen sich nicht von Menschen überzeugen, die dem anderen Lager angehören und die sie nicht leiden können.

Fazit

Was folgt daraus?

Die Welt, in der wir leben ist komplex. Es gibt keine Patentrezepte. Veränderungen machen Angst. Fixierte Probleme, die sich nicht lösen lassen wollen oder sich in endlosen Schleifen wiederholen, haben meist einen emotionalen, vielleicht sogar traumatischen Hintergrund, der sich nicht rein mit der Ratio auflösen lässt. Deshalb unsere These: Ohne die innere Arbeit eines jeden Einzelnen, auch ohne die innere Arbeit in Teams und Gruppen und ohne innere gesellschaftliche Arbeit, werden sich verhärtete Probleme nicht öffnen und lösen lassen. Innere Arbeit muss aus dem privaten und seelsorgerischen Bereich heraustreten und Teil der politischen Arbeit werden.

Krisen entstehen, wenn ein nächster Entwicklungsschritt ansteht, aber nicht vollzogen wird. Für den nächsten Schritt brauchen wir die Kraft und die Intelligenz der Bürger und aller konstruktiven Kräfte der Gesellschaft. Und Bindekräfte, um sie zusammenhalten und einen Rahmen zu schaffen, in dem kooperiert, aber auch gestritten werden kann.

Sozialer Zusammenhalt entsteht durch transparente Kommunikation, Aufmerksamkeit, Mitgefühl und Selbstregulation. Das gilt sowohl für Gruppen als auch für die gesamte Gesellschaft.

Wir brauchen auch in politischen Zusammenhängen Raum für Emotionen. Zu einer zukünftigen Kulturkompetenz gehört die Fähigkeit, mit kollektivem Stress und Verletzungen umgehen zu können und die sozialen Bindekräfte zu stärken. Das vergrößert unser gesellschaftliches Fassungsvermögen, so dass niemand verlorengeht, egal was kommt. Das führt zu einer Demokratie der Zuneigung.

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