“Je mehr Demokratie, desto besser.”

Wir haben mit Andreas Bummel über den aktuellen Aufruf für ein besseres Europawahlrecht gesprochen. Er engagiert sich für mehr Demokratie auf internationaler Ebene.

Inwiefern haben Sie mit Demokratie zu tun?

Demokratie ist mir schon immer ein Anliegen gewesen, weil ich denke, dass jeder ein möglichst selbstbestimmtes Leben führen können sollte und in der Gemeinschaft ist das eben nur durch die Demokratie möglich. Je mehr, desto besser. Demokratie darf an keinen künstlichen Ländergrenzen halt machen, wenn es um wichtige globale Fragen geht. So bin ich Weltföderalist geworden, denn das internationale System ist zutiefst undemokratisch und ungerecht. Seit etwa zehn Jahren arbeite ich intensiv an der Frage, wie Demokratie global funktionieren könnte. 2007 haben wir eine internationale Kampagne für ein Parlament bei der UNO gestartet, die ich seitdem koordiniere.

Wie sehen Sie die aktuelle Lage der Europäischen Union?

Das akute Problem im Moment ist natürlich die Frage, wie die gemeinsame Währung stabil gehalten werden kann, angesichts der Schuldenkrise in den Staatshaushalten. Die wirtschaftliche und finanzpolitische Integration ist der politischen Integration vorausgeeilt und wie gefährlich diese Diskrepanz ist, zeigt sich jetzt in der Krise. Jetzt müsste endlich ein mutiger, großer Integrationsschritt gemacht werden hin zu einem echten europäischen Bundesstaat.

Die Finanz- und Wirtschaftsregierung, von der die Rede ist, ist statt dessen wieder eine technokratische Ausgeburt. Das intergouvernementale System ist im Kern undemokratisch. Im Mittelpunkt einer gestärkten EU sollte das Europaparlament stehen, das auch das Initiativrecht bekommen muss, um in allen europäischen Angelegenheiten Gesetze vorzuschlagen können. Ein neuer Europäischer Konvent wäre eine gute Idee.

Was halten Sie von dem Vorschlag das Europäische Wahlrecht zu reformieren und so bürgerfreundlicher zu gestalten?

Das ist ein guter Vorschlag. Gesamteuropäische Listen, die von den europäischen Parteien aufgestellt werden, würden die transnationale Komponente in Europa stärken. Sie würden dabei helfen, die europäische Dimension der Wahl stärker in die Öffentlichkeit zu bringen. Der Wahlkampf wäre europäischer ausgerichtet, weil ein gewisser Teil der Abgeordneten dann eben von allen Europäern gewählt würde. Vielleicht würde das auch dabei helfen, ein gesamteuropäisches Bewusstsein zu stärken.

Das Gleiche gilt für die direkte Demokratie. Wenn die Menschen sich beteiligen und mitentscheiden können, bedeutet das natürlich nicht nur mehr Demokratie im formalen oder politischen Sinn, sondern auch, dass sie sich stärker als Teil des Gemeinwesens empfinden können. Die Europäische Bürgerinitiative ist deshalb zum Beispiel auch eine gute Sache. Aber sie geht natürlich nicht weit genug. Das Ziel sollte sein, dass verbindliche europäische Volksentscheide möglich sind. 

Interview: Vanessa Eggert


Bitte unterzeichnen auch sie unseren Aufruf für ein besseres Europawahlrecht auf www.more-democracy-in-europe.org/de

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