Kaperfahrt in die Transparenz

Anlässlich des am 13. Juni verabschiedeten Transparenzgesetzes in Hamburg hatte die Piratenfraktion im Berliner Abgeordnetenhaus vergangenen Donnerstag zu einer Informationsveranstaltung eingeladen, die standesgemäß auf einem Ausflugsdampfer stattfand. Während der dreistündigen Bootsfahrt diskutierten Vertreter von Transparency International, Mehr Demokratie e.V., Piraten sowie Alexander Dix, Beauftragter für Datenschutz und Informationsfreiheit, mit den Teilnehmern über die Erfahrungen in Hamburg sowie über die Bedingungen und die Gestaltung eines Gesetzes für Berlin.

In Hamburg hatte sich 2011 ein Bündnis unter aktiver Mitarbeit von Mehr Demokratie e.V. formiert, um ein Transparenzgesetz durch ein Volksbegehren einzuführen. Dazu kam es letztlich nicht, da sich die politischen Parteien der Idee anschlossen und mit dem Bündnis einen Kompromiss für das Gesetz erarbeiteten. Ab Oktober besteht in Hamburg nicht mehr nur eine Auskunftspflicht der Behörden, sondern nunmehr die Pflicht, Informationen zu veröffentlichen. Der Paradigmenwechsel soll in der Praxis mit einem anwendungsfreundlichen Register umgesetzt werden. Doch welchen Sinn macht überhaupt ein Transparenzgesetz, da in Berlin bereits ein Informationsfreiheitsgesetz (IFG) existiert?

Das Ziel des Gesetzes ist zum einen, der Korruption und Steuerverschwendung vorzubeugen, da Auftragsvergaben und Vertragsabschlüsse überprüfbar sind. Zum anderen werden Entscheidungsabläufe sowie die Ausgaben der Steuergelder nachvollziehbarer, wodurch das Vertrauen in die Politik und die Behörden gestärkt werden könnte. Aber am Wichtigsten ist, dass Wissen und der Zugang zu Informationen immer die Voraussetzung für Mitbestimmung und Teilhabe sind. In Berlin gibt es keine Veröffentlichungspflichten der Behörden. Möchten die Bürgerinnen und Bürger Informationen bekommen, müssen sie dafür einen Antrag stellen, wie z.B. für Geodaten, Gutachten, Statistiken oder Verträge. Darüber hinaus ist die Leistung auch noch gebührenpflichtig. Auch an private Unternehmen ausgelagerte Leistungen fallen momentan nicht unter die Bestimmungen. Gerade jetzt nach den Querelen um den Flughafen BER wäre ein einfacher Zugriff auf Daten wünschenswert. Und genau im Bereich des Geschäfts- und Betriebsgeheimnisses liegt eine der Kontroversen. Während ein Teil der Privatwirtschaft ihre ökonomischen Grundlagen bedroht sieht, freut sich die andere Hälfte, dass Klüngeleien und Vetternwirtschaft in Zukunft leichter verhindert werden können.

Alle Podiumsteilnehmer waren der Ansicht, dass es noch Verbesserungspotenzial beim Hamburger Transparenzgesetz gibt (<link http: owntube.piratenfraktion-berlin.de videos ein-transparenzgesetz-fur-berlin external-link-new-window>Hier die komplette Video-Aufzeichnung der Podiumsdiskussion!). So werden nur Verträge veröffentlicht, die der Daseinsfürsorge dienen, zum Beispiel betreffend das Verkehrs- und Beförderungswesens. Ausgenommen sind zudem die Rechnungshöfe, der Verfassungsschutz und die journalistische Recherche bei den Medienanstalten. Natürlich sind personenbezogene Daten ebenfalls nicht betroffen, sofern es sich nicht um Vertragspartner handelt. Wie weit ein potentielles Berliner Gesetz gehen wird, ist noch offen. Die Piraten wollen bis nach der Sommerpause einen ersten Entwurf vorlegen, der auf dem Berliner IFG und dem Hamburger Transparenzgesetz basiert.

Das Papier soll als Diskussionsgrundlage dienen, welches dann unter Einbindung der zivilgesellschaftlichen Gruppen weiterentwickelt werden soll. Möglicherweise war die Bootsfahrt nicht nur der Beginn eines starken Bündnisses für mehr Transparenz in den Berliner Behörden, sondern der Auftakt für eine weitere Demokratisierung der Berliner Politik.

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