Wegweisendes EuGH-Gutachten: EU-Mitgliedstaaten dürfen Veto bei Handelsabkommen einlegen!

Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat heute ein wegweisendes Gutachten vorgelegt, das auch für die Handelsabkommen TTIP und CETA von Relevanz ist: In dem Gutachten kommen die Richter/innen zu dem Schluss, dass das geplante Freihandelsabkommen zwischen der Europäischen Union (EU) und Singapur in der derzeitigen Form nur von der EU und den Mitgliedstaaten gemeinsam geschlossen werden kann. Eine Zustimmung von EU-Ministerrat und Europaparlament reicht nicht aus, um dieses zu ratifizieren. Auch alle Parlamente der EU-Mitgliedstaaten müssen das Abkommen zusätzlich billigen, da es deren Zuständigkeitsbereiche tangiert. Das EUSFTA-Abkommen ist in vielen Punkten mit TTIP und CETA vergleichbar und hat deshalb große Bedeutung für die zukünftige EU-Freihandelspolitik.

Von Charlie Rutz

Das EuGH-Gutachten hatte die EU-Kommission selbst angefordert, um zu klären, ob die Union über eine ausschließliche Zuständigkeit für die alleinige Unterzeichnung und den alleinigen Abschluss des geplanten Abkommens mit Singapur verfügt. Das ist nicht der Fall!

Stattdessen bestätigt das Gutachten zum geplanten Singapur-Handelsabkommen (EUSFTA) die Rechtsauffassung von Mehr Demokratie, dass es sich wie schon bei CETA um ein gemischtes Abkommen handelt. Dementsprechend positiv kommentiert Roman Huber, Geschäftsführender Bundesvorstand von Mehr Demokratie, die Bewertung des EuGH: „Das heute vom EuGH veröffentlichte Gutachten bestätigt noch einmal, dass die CETA-Ratifizierung als gemischtes Abkommen kein gönnerhaftes Entgegenkommen der EU-Kommission war, sondern rechtlich zwingend notwendig ist.“ Es sei nicht tragbar, dass zentrale Bürgerrechte immer erst erstritten werden müssen. So könne kein Vertrauen entstehen, kritisiert Huber.

Das heute veröffentlichte Gutachten markiert einen weiteren Erfolg unseres Einsatzes für eine demokratische EU-Handelspolitik. Erst vergangene Woche hatte das Gericht der Europäischen Union (EuG) die Europäische Bürgerinitiative (EBI) "Stop TTIP" für zulässig erklärt - und damit der Position der Europäischen Kommission widersprochen, die sich 2014 geweigert hatte, "Stop TTIP" offiziell anzuerkennen. Der EuG gab unserer Klage in allen Punkten recht. Diese zweite große Schlappe für die EU-Kommission in wenigen Tagen sollte zu einem grundlegenden Politikwechsel im Sinne der Bürger/innen führen: Der Bürgereinfluss auf die EU-Politik muss nachhaltig verbessert werden! Unsere Vorschläge zur Demokratisierung der EU-Handelspolitik können hier eingesehen werden...

Forderungen von Mehr Demokratie zur Demokratisierung von EU‐Handelsverträgen

Die Kritik an den inhaltlichen und demokratiepolitischen Problemen von TTIP, CETA, TiSA und weiteren Handels- und Investitionsverträgen ist mittlerweile fast schon Gemeingut geworden. Dagegen sind Vorschläge, wie die Handelspolitik in Zukunft anders ablaufen soll, sehr selten. Hiermit sollen Forderungen in die Diskussion gebracht werden, wie Handelsverträge der EU demokratisiert werden können.

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