Bundestag: Bürgerklage gegen neues Wahlrecht

Harte Fünf-Prozent-Hürde schmälert die Rechte von Millionen Wählerinnen und Wählern. LINKE und CSU könnten aus dem Bundestag fliegen

Mehr Demokratie e.V. wird gegen die Fünf-Prozent-Hürde für Bundestagswahlen vor das Bundesverfassungsgericht ziehen. Der Fachverband konzipiert die Verfassungsbeschwerde als Bürgerklage. Heute startet eine Kampagne, um möglichst viele Menschen zu gewinnen, die sich beteiligen. „Die Wahlrechtsreform vom Frühjahr hat für eine harte Fünf-Prozent-Hürde gesorgt, die nicht mehr durch eine Grundmandatsklausel abgefedert wird“, erläutert Ralf-Uwe Beck, Bundesvorstands-Sprecher von Mehr Demokratie. Millionen Stimmen mehr als bisher könnten dadurch unwirksam werden. „Das kratzt am Wahlrechtsgrundsatz, dass alle Stimmen dasselbe Gewicht haben sollten“, so Beck.

Laut Beck will der Verein eine vierstellige Zahl an Menschen dazu bewegen, sich zu beteiligen. Das dafür notwendige Formular könne auf der Webseite des Vereins heruntergeladen oder angefordert werden. Es müsse unterschrieben per Post zurückgeschickt werden. Kosten entstünden den Mitklagenden nicht. Vertreten werden die Klägerinnen und Kläger durch den renommierten Juristen und Hochschullehrer Prof. Thorsten Kingreen von der Universität Regensburg. Die Klageschrift stellt Mehr Demokratie Ende Oktober vor.

Mehr Demokratie rechnet sich für die Klage gute Chancen aus: „Die Fünf-Prozent-Hürde ist nicht in Stein gemeißelt, das hat das Bundesverfassungsgericht mehrfach erklärt. Die Höhe der Sperrklausel muss gut begründet sein. Die Ampel hat die Grundmandatsklausel abgeschafft – ein Grund mehr, die fünf Prozent in Frage zu stellen“, so Beck.

Die harte Sperrklausel kann erhebliche Folgen haben: Wenn die CSU bei der nächsten Bundestagswahl wieder fast alle Direktmandate in Bayern gewinnt, aber bei den Zweitstimmen nur ein wenig absackt, wäre sie nicht mehr im Bundestag vertreten. Bei der letzten Bundestagswahl holte die CSU bundesweit 5,2 Prozent aller Stimmen. Auch die Linkspartei sei in ihrer parlamentarischen Existenz bedroht. Im aktuellen Bundestag ist sie nur vertreten, weil sie drei Direktmandate gewann. Das sichert ihr so viele Sitze, wie es ihrem Zweitstimmenergebnis entspricht; obwohl sie die Fünf-Prozent-Hürde nicht übersprang.

„Fliegen CSU und LINKE aus dem Parlament, dann könnten über viereinhalb Millionen Wähler-Stimmen in das Lager ‚Sonstige‘ wandern“, so Beck. Dann seien der Süden und der Osten nicht mehr angemessen parlamentarisch repräsentiert. Bereits jetzt gehen über vier Millionen Stimmen an Parteien, die nicht im Parlament vertreten sind. Die Zahl könnte sich verdoppeln. „Dann wäre die Legislatur mit einer schweren demokratischen Hypothek belastet“, so Beck.

Die Kampagnen-Webseite:  www.wahlrechtsklage.de

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