+ Trend zu mehr kleinen Parteien: Ersatzstimme könnte helfen, taktisches Wählen zu verhindern.
+ Proteststimme als Ausdrucksform für Unzufriedene
+ Automatische Briefwahl, um die Wahlbeteiligung weiter zu steigern
Das Bundestags-Wahlergebnis bestätigt nach Ansicht des Fachverbands Mehr Demokratie die Notwendigkeit von Wahlrechtsreformen. Mit 8,7 Prozent haben deutlich mehr Menschen als bei der vorigen Bundestagswahl kleine Parteien gewählt, die es nicht über die Fünf-Prozent-Hürde geschafft haben. „Damit sind deutlich mehr als 4 Millionen der Wählerinnen und Wähler nicht im Bundestag repräsentiert. Angesichts des Trends einer zunehmenden Zahl von kleinen Parteien schlagen wir die Einführung einer Ersatzstimme vor“, so Mehr Demokratie-Vorstandssprecher Ralf-Uwe Beck. Damit könnte auch taktisches Wählen verhindert werden.“
Mit einer Ersatzstimme könnten die Wählenden zunächst eine kleine Partei ankreuzen. Zudem könnten sie ankreuzen, an welche Partei ihre Stimme gehen soll, für den Fall, dass die kleine Partei an der Sperrklausel scheitert.
Darüber hinaus empfiehlt Mehr Demokratie eine Art Proteststimme. „Menschen, die mit dem Angebot der Parteien insgesamt unzufrieden sind, hätten mit einer Proteststimme die Möglichkeit, ihren Unmut auszudrücken, ohne dass sie dafür extrem wählen oder der Wahl ganz fernbleiben müssen“, erläutert Beck. „Gerade für die ostdeutschen Bundesländer wäre es interessant zu sehen, wo die AfD landet, wenn es auf dem Wahlzettel eine Möglichkeit gibt, Protest direkt auszudrücken.“ Diese Proteststimmen müssten ausgezählt und auch bekanntgegeben werden.
Die im Vergleich zu 2017 leicht gestiegene Wahlbeteiligung bei deutlichem Anstieg des Briefwahl-Anteils nimmt Mehr Demokratie zum Anlass, die „Briefwahl für alle“ zu fordern. Während der Corona-Krise seien bei manchen Kommunalwahlen Briefwahlunterlagen automatisch zugestellt worden. Dadurch sei die Wahlbeteiligung deutlich angestiegen. „Alle Wahlberechtigten sollten neben der Wahlbenachrichtigung ihre Wahlunterlagen automatisch zugestellt bekommen. Das würde die Beteiligungshürde senken und die Wahlbeteiligung steigern“, sagt Beck.
Mehr Demokratie fordert eine umfassende Reform des Bundeswahlrechts und macht Vorschläge, wie sich Überhangmandate und das ständige Anwachsen des Bundestags verhindert ließen. Zudem tritt der Fachverband für die Absenkung des Wahlalters und für ein Ausländerwahlrecht ein.
Weitere Ideen bringt Mehr Demokratie-Vorstandssprecherin Claudine Nierth in ihrem aktuellen Buch „Die Demokratie braucht uns!“ ins Gespräch. Nierth schlägt unter anderem vor, auf dem Wahlzettel auch abzufragen, welche Koalition die Wählenden bevorzugen und welche Themen sie in der nächsten Legislaturperiode für besonders dringlich halten.
Wahlrechts-Vorschläge von Mehr Demokratie:
https://www.mehr-demokratie.de/themen/wahlrecht/wahlrecht-12816/