Mehr Demokratie fordert mutigere Bürgerbegehrens-Reform in Hessen

[45/11] Anhörung im Innenausschuss: Gleiche Entscheidungsrechte für Bürger und Politiker

Der Gesetzentwurf der Landtags-Fraktionen von CDU und FDP zur Reform der Hessischen Gemeindeordnung geht dem Verein Mehr Demokratie in Bezug auf Bürgerbegehren und -entscheide nicht weit genug. Die Initiative begrüßte bei der heutigen Anhörung die Vorschläge der Regierungskoalition, das 10-Prozent-Unterschriftsquorum bei Bürgerbegehren zu senken und die Kommunikation zwischen Bürgerinitiativen und Gemeinden zu verbessern. Kritisch sieht Mehr Demokratie dagegen vor allem, dass der vorliegende Gesetzentwurf den Bürgereinfluss auf Bauleitpläne einschränken würde.

Im Bereich der Bauleitplanung soll die Möglichkeit, ein Bürgerbegehren zu starten auf den ersten Planungsschritt, den sogenannten Aufstellungsbeschluss, beschränkt werden. „Den Bürgern sollten mit direktdemokratischen Verfahren die gleichen Entscheidungskompetenzen eingeräumt werden wie ihren Vertretern in den Parlamenten “, so Alexander Slonka, der Mehr Demokratie in der Anhörung vertrat. „Das gilt sowohl für die Themen, die behandelt werden dürfen, als auch für die Fristen, in denen ein Begehren möglich ist.“

Beim Volksentscheid-Ranking des Vereins liegt Hessen mit der Note 3,5 für die Regelungen auf kommunaler Ebene im Mittelfeld der Bundesländer, erläuterte Slonka. Allerdings erlebt Hessen nur alle 22 Jahre ein Bürgerbegehren – im Vergleich zu Hamburg und Berlin (alle 1 bis 1,5 Jahre), aber auch zu Flächenländern wie NRW (alle 12 Jahre) also eher selten. Mehr Demokratie macht dafür das hohe Unterschriftenquorum beim Bürgerbegehren verantwortlich. „Dort wo die Hürden für Bürgerbegehren niedriger sind, beteiligen sich die Menschen auch aktiver an der Politik“, erklärte Slonka. Der schwarz-gelbe Entwurf sieht vor, die Hürden beim Bürgerbegehren nach Gemeindegröße zu staffeln, so dass sie zwischen 3 Prozent in großen und 10 Prozent in kleinen Gemeinden liegen. Diese Senkung würde sich für die 12 hessischen Städte mit über 50.000 Einwohnern positiv auswirken, in den anderen 414 Gemeinden aber keine Verbesserung bringen. Besser sei es, das Quorum für alle Gemeinden unter 50.000 Einwohner auf  7 Prozent zu senken.

Außerdem sieht Mehr Demokratie die geringe Erfolgsaussicht für Bürgerbegehren in Hessen als Beteiligungsbremse. Fast jedes dritte Bürgerbegehren wird für unzulässig erklärt – vor allem auf Grund von Themenausschlüssen. Rund 20 Prozent der Begehren, die es bis zur Abstimmung schaffen, scheitern im Bürgerentscheid an der Zustimmungshürde von 25 Prozent der Wahlberechtigten.

Das Quorum beim Bürgerentscheid könne zu taktischem Abstimmungsboykott und führen und solle deshalb komplett abgeschafft werden, stellte Slonka fest. „Zur Demokratie gehört das öffentliche Ringen um die beste Lösung. Wenn sich die Gegner eines Begehrens nicht länger darauf verlassen können, dass es ohnehin an der Hürde scheitert, wird der Diskussionsprozess belebt und die Abstimmungsbeteiligung erhöht.“

Eine Reform der kommunalen Direktdemokratie wird in Hessen schon seit Jahren diskutiert: Nach Gesetzentwürfen von Grünen (2007) und SPD (2010) haben nun auch CDU und FDP einen Gesetzentwurf zur Änderung der Gemeindeordnung vorgelegt. Die Linke reagierte darauf mit einem Änderungsantrag, der mit den Forderungen von Mehr Demokratie weitgehend übereinstimmt.

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