Mehr Demokratie fordert Verfassungsänderung

[21/08] Volksentscheid für Tempelhof scheitert trotz Zustimmung am Quorum

Beim ersten Berliner Volksentscheid am heutigen Sonntag (27. April) hat sich eine Mehrheit der Abstimmenden für die Offenhaltung Tempelhofs als Verkehrsflughafen ausgesprochen. Auf Grund des Zustimmungsquorums von 25 Prozent ist der Volksentscheid allerdings trotzdem gescheitert. Knapp 611.600 Berliner Wahlberechtigte hätten dem Vorschlag der Initiative City Airport Tempelhof (ICAT) zustimmen müssen.

 

Für den Vorschlag der ICAT stimmten 60,3 Prozent der Teilnehmer (entspricht 21,7 Prozent der Stimmberechtigten). Mit Nein stimmten 39,5 Prozent. Die Wahlbeteiligung lag bei 36 Prozent. Für einen erfolgreichen Volksentscheid hätte mindestens ein Viertel aller Berliner Wahlberechtigten mit Ja stimmen müssen.

 

Nachdem der erste Berliner Volksentscheid zum Quorumsopfer geworden ist, fordert Mehr Demokratie e.V. eine Änderung der Regeln. "Die einfache Mehrheit der abgegebenen Stimmen sollte genügen, damit ein Volksentscheid Gültigkeit hat", erläutert Gerald Häfner, Vorstandssprecher des Vereins Mehr Demokratie. Schließlich gelte auch bei Wahlen das Votum derer, die von ihrem Wahlrecht Gebrauch machen, egal, ob es nun viele oder wenige seien. "Bei einem Volksentscheid stehe es jedem offen, sich zu beteiligen. Wer darauf bewusst verzichtet, sollte auch bereit sein, die Entscheidung der Abstimmenden zu akzeptieren", so Häfner.

 

Mehr Demokratie kämpft für die Abschaffung der Quoren bei Volks- und Bürgerbegehren in allen Bundesländern. Diese Hürden legen fest, dass direktdemokratische Entscheidungen nur dann gültig sind, wenn sich ein bestimmter Prozentsatz der Wahlberechtigten an der Abstimmung beteiligt oder dem zur Abstimmung gestellten Vorschlag zustimmt. Immerhin vier der bisher bundesweit 14 Volksentscheide sind bereits an Quoren gescheitert.

 

Im Zusammenhang mit dem ersten Berliner Volksentscheid fordert der Verein, dass ein Recht auf teilweise Kostenerstattung für die Träger von Volksbegehren in das Volksabstimmungsgesetz aufgenommen wird. "Kaum eine Initiative verfüge über derartige Finanzmittel wie die ICAT", sagt Michael Efler vom Landesverband Berlin/Brandenburg. Die Einführung einer Kostenerstattung scheiterte vor wenigen Monaten am Widerstand der SPD, während alle anderen Fraktionen dafür waren. "Die SPD sollte sich jetzt angesichts der Erfahrungen mit der Tempelhof-Kampagne eines Besseren besinnen", meint Efler.

 

Deutschlandweit ist die Zahl der direktdemokratischen Verfahren seit den 1990er Jahren stark angestiegen. Bisher gab es 14 Volksentscheide, von denen sieben erfolgreich im Sinne der Initiatoren verliefen und zwei Teilerfolge verzeichnen konnten. "Die wachsende Zahl an Volksentscheiden zeigt, dass die Bürger auf allen Ebenen mehr als bisher mitreden wollen, wenn es um ihre eigenen Angelegenheiten geht", so Häfner. Mehr Demokratie tritt für verbesserte Regelungen in direkter Bürgerbeteiligung ein, die Manipulationen und ein unechtes Scheitern wie im Fall Tempelhof verhindern und für maximale Transparenz und Verbindlichkeit sorgen sollen.

 

 

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