Referendum in Griechenland – spät, aber richtig

[15/15] Volksabstimmung wäre das erste Referendum seit 1974

Am kommenden Sonntag sollen die Griechinnen und Griechen über die Sparauflagen der Troika abstimmen und damit entscheiden, ob das Kreditprogramm für ihr Land verlängert wird. Ministerpräsident Alexis Tsipras hatte das Referendum am Wochenende angekündigt, das griechische Parlament verabschiedete ein entsprechendes Gesetz in der Nacht zum Sonntag.

„Im Prinzip ist ein Referendum über die Reformen der richtige Weg. Griechenland stehen weitere schmerzliche Einschnitte bevor. Diese werden nur mit den Bürgerinnen und Bürgern durchzustehen sein, nicht gegen sie“, meint die Vorstandssprecherin von Mehr Demokratie, Claudine Nierth. Die griechische Verfassung sieht im Artikel 44 vor, dass das Parlament in besonders wichtigen nationalen Fragen eine Volksabstimmung ansetzen kann. Wenn der Präsident die notwendige Zustimmung erteilt, ist der Weg für einen Volksentscheid frei.

Kritisch sieht Nierth allerdings, dass Ministerpräsident Tsipras seine Landsleute direkt auffordert, mit „Nein“ zu stimmen. Außerdem ist bis jetzt unklar, worüber die Bevölkerung am Sonntag eigentlich abstimmen soll, denn die Gläubiger haben ihr Angebot zurückgezogen, nachdem die Verhandlungen abgebrochen wurden. „Ein so kurzfristig angesetztes Referendum, das den Menschen kaum Zeit lässt abzuwägen, noch dazu verbunden mit einer direkten Stimmempfehlung, ist ein demokratisch eingeschränkter Prozess“, sagte Nierth. „Die Qualität einer Entscheidung hängt von der Qualität des Prozesses ab, der zur Entscheidung führt. Hier müssen die Griechen jetzt sprinten“. Sie kritisierte zugleich die Troika, die Griechenland den Aufschub bis zum Tag des Referendums verweigert. „Sie sollten den in der griechischen Verfassung angelegten demokratischen Weg, eine Volksabstimmung abzuhalten, respektieren“.

Bereits im November 2011 hatte der damalige Ministerpräsident Georgios Papandreou ein Referendum über das EU-Hilfspaket und den damit verbundenen Sparkurs abhalten wollen. Er beugte sich wenige Tage später dem Widerstand der anderen Euro-Staaten und begrub das Vorhaben. Die Volksabstimmung wäre das erste Referendum seit 1974. Damals stimmte eine Mehrheit der Griechen dafür, die parlamentarische Demokratie einzuführen und die Monarchie abzuschaffen. Insgesamt fanden im 20. Jahrhundert sieben Referenden statt, wobei es bei fast allem um Fragen der Monarchie ging. Am Referendum müssen sich 40 Prozent der Wahlberechtigten beteiligen, damit eine Mehrheitsentscheidung gültig ist.

Eigene Vorschläge per Volksinitiative zu unterbreiten und zur Abstimmung zu bringen, ist den Griechinnen und Griechen verwehrt. <link internal-link internal link in current>Hier ein Hintergrundinterview zum Thema...

Stellv. Pressesprecherin Neelke Wagner
Mehr Demokratie e.V.
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