Einführung des bundesweiten Volksentscheids überfällig

Mehr Demokratie begrüßt die Gesetzesinitiative von DIE LINKE zur Einführung der direkten Demokratie auf Bundesebene. Heute hat dazu im Innenausschuss des Bundestages eine öffentliche Anhörung stattgefunden, in der unser Vorstandssprecher Ralf-Uwe Beck als Sachverständiger zu Wort kam. 
 

(Video-Aufzeichnung der Anhörung. Bitte auf den "Play"-Button klicken, um diese abzuspielen.)


Der Gesetzentwurf der Fraktion "Die Linke" will die direkte Demokratie im Grundgesetz stärken. Dazu soll das Grundgesetz um direkt-demokratische Entscheidungen durch Volksinitiative, Volksbegehren und Volksentscheid ergänzt werden. Zitat: „Um sicherzustellen, dass alle von den Entscheidungen betroffenen Einwohnerinnen und Einwohner mit abstimmen können, wird der Kreis der Wahlberechtigten auf alle Menschen, die das 16. Lebensjahr vollendet haben und unabhängig von der deutschen Staatsbürgerschaft seit mindestens fünf Jahren in Deutschland leben, erweitert.“ Die plebiszitäre Gesetzgebung müsse die Grundrechte und Grundprinzipien des Grundgesetzes sowie das Europa- und Völkerrecht genauso achten wie die parlamentarische Gesetzgebung und der Kontrolle durch das Bundesverfassungsgericht unterliegen.

In seinem Eröffnungsstatement bei der Anhörung stellte unser Vorstandssprecher Ralf-Uwe Beck fest: 

"Wir feiern in diesem Jahr das dreißigjährige Jubiläum der friedlichen Revolution und es darf daran erinnert werden, dass der Verfassungsentwurf des Zentralen Runden Tisches für eine befreite und freie DDR ganz selbstverständlich vorgesehen hatte, die repräsentative Demokratie auf nationaler Ebene durch die direkte Demokratie zu ergänzen. Das war ein Impuls seinerzeit, der dafür gesorgt hat, dass wir heute in ausnahmslos allen 16 Bundesländern, verfassungsrechtlich garantiert, die direkte Demokratie für die Gesetzgebung haben. Und zwar, um einen starken Parlamentarismus zu haben. Ich zitiere Peter Müller, Bundesverfassungsrichter und früher Ministerpräsident im Saarland (CDU): 'Plebiszitäre Elemente erhöhen die Begründungsnotwendigkeiten für politisches Handeln. Schon die bloße Möglichkeit, dass eine Frage dem Volk direkt zur Abstimmung vorgelegt wird, führt dazu, dass Politik ihr Handeln intensiver erklären wird, um eine Korrektur im Wege des Plebiszits zu vermeiden. Dies kann der Entstehung einer Kluft zwischen Repräsentierten und Repräsentanten entgegenwirken.' Auf Bundesebene fehlt diese Wirkung. Und deshalb begrüßen wir von Mehr Demokratie e.V. aus diesen Gesetzentwurf."

Unsere Stellungnahme zum Gesetzesentwurf von DIE LINKE

Mehr Demokratie begrüßt die Gesetzesinitiative. Damit wird dem in Artikel 20 Absatz 2 Grundgesetz enthaltenen Recht auf Volksabstimmung Geltung verschafft. Mit der direkten Demokratie wird aus unserer Sicht in den Bundesländern das entscheidende Instrumentarium angeboten, die parlamentarische Demokratie kritisch zu begleiten. So können Bürger*innen selbst Gesetzentwürfe bis zum Volksentscheid bringen und auch politische Entscheidungen korrigieren. Damit werden weniger Themen übersehen und eine langfristig orientierte Politik angeregt, die sich nicht in Legislaturperioden verfängt.

Laut Vorstandssprecher Ralf-Uwe Beck darf davon ausgegangen werden, dass eine bürgerfreundlich geregelte direkte Demokratie das Vertrauen in die demokratischen Institutionen wieder wachsen lässt. Mit der Einführung der direkten Demokratie auf Bundesebene könne der Kluft zwischen Regierenden und Regierten begegnet werden. „Das kann durch eine intelligente Verschränkung parlamentarischer und direktdemokratischer Verfahren mit Formaten der Bürgerbeteiligung befördert werden”, so Beck.


Hintergrund

Für die Einführung von bundesweiten Volksentscheiden ist aus Sicht von Mehr Demokratie eine Grundgesetzänderung nach Art. 79 Abs. 2, also eine Zweidrittelmehrheit in Bundestag und Bundesrat nötig. Diese ist bisher an der Unionsfraktion gescheitert. Dreh- und Angelpunkt aller Überlegungen ist Art. 20 Abs. 2 Satz 2 des Grundgesetzes: „Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus. Sie wird vom Volke in Wahlen und Abstimmungen [...] ausgeübt.“ Dieses Prinzip ist so wichtig, dass es – so Art. 79 Abs. 3 des Grundgesetzes – nicht geändert werden darf. Repräsentative und direkte Demokratie stehen hier dem Wortlaut nach zwar gleichberechtigt nebeneinander. Aber weiter ausgeführt sind im Grundgesetz nur die Wahlen, nicht die Abstimmungen. Die Verfassungsmütter und -väter haben im Grundgesetz die Ausübung der Staatsgewalt durch Abstimmungen vorgesehen, aber nicht ausgeführt. Der Art. 20 GG eröffnet so „Abstimmungen“ durch die Einführung bundesweiter Volksentscheide durch eine Grundgesetzänderung.

Hier weitere Informationen zum von Mehr Demokratie formulierten
Gesetzesentwurf zur Regelung von bundesweiten Volksentscheiden...

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