Hamburg: Stimmungsbericht eines Polittouristen

Aufwärmen: Melchier Walker macht eine kurze Pause während der Straßensammlung...

Melchior Wagner aus Witten ist mittlerweile in der zweiten Woche im Camp unserer Sammler in Hamburg. Hier ist sein zweiter Bericht über den Fortgang der Sammlung.

 

Am Sonntag konnten die Hamburger bei uns zum letzten Mal Briefwahlunterlagen beantragen. Seit gestern können alle nur noch direkt auf Amt gehen, um die Demokratie in Hamburg zu stärken. Dabei unterstützt uns in der letzten Woche der Omnibus für direkte Demokratie mit seiner Mannschaft (Mo. bis Do. Lange Mühren vor Karstadt; Fr. und Sa. in Hamburg-Bergedorf vor Petri und Paul-Kirche; So. und Mo. Hamburg-Innenstadt).

Alle Bürgerinnen und Bürger sind herzlich eingeladen vorbeizukommen, um sich weiter zu informieren.

 

Gestern haben Bremer Bürgerinnen und Bürger rund um den Omnibus Grußbotschaften aus Bremen verteilt. In Bremen wurde ja gerade erst ein erfolgreiches Volksbegehren vom Landesparlament übernommen. Inspiriert waren die Bremer durch den Wahlrechts-Volksentscheid der Hamburger vor drei Jahren. Doch den Hamburgern wurde er vom neuen Senat einfach wieder weggenommen, um ihn auch in Zukunft nur unter erschwerten Bedingungen wieder durchführen zu können. "Das solltet ihr euch nicht gefallen lassen," sagten die Bremer, "macht weiter, gebt dem Senat ein eindeutiges Zeichen, indem ihr alle einmal aufs Amt geht und eure Stimme für mehr Demokratie abgebt, auf dass Volksentscheide in der Zukunft wieder einfacher möglich sind und für den Senat verbindlich sind."

 

In der letzten Woche hat Andreas Gross, Mitglied im Schweizer Nationalrat und im Europarat, in der Patriotischen Gesellschaft von 1765 einen Vortrag über die Direkte Demokratie gehalten. Mir wurde da noch mal deutlich, dass die Ängste vor der Direkten Demokratie unberechtigt sind, da sie das Wesen des Volkes verkennen. Für die Politiker ist die Direkte Demokratie nur unbequem, weil das Teilen von Macht für sie bedeutet, lernen zu müssen.

Demokratie ist ein Menschenrecht, und dieses ist ein ewiger Lernprozess. Wenn den Menschen das Recht auf Mitbestimmung voll gegeben wird, dann entwickelt sich im Land auch eine andere politische Kultur: Die Presse achtet mehr auf die Stimmungen im Volk, und die Bürger beschäftigen sich mehr mit Sachthemen anstatt mit Personalienquerelen.

Die Schweiz zeigt auch, dass für Volksabstimmungen keine Themen ausgeklammert werden müssen. Denn man kann doch auch alles für jeden verständlich formulieren.

Entscheidend für die Güte der Direkten Demokratie ist für Andreas Gross das Design:

- Freie Unterschriftensammlung (nach Gemeinden eingeteilt)

- Ein geringer Unterschriften-Prozentsatz für Volksbegehren (nicht mehr als 3%) ist ausreichend für Eröffnung eines kommunikativen Prozesses.

- Keine qualitativen Mehrheitserfordernisse ("Quoren") - Verweigerer nicht belohnen!

- Mit dem Parlament, nicht an ihm vorbei

Da sind wir in Deutschland noch weit von entfernt, aber ich habe das Gefühl, vor allem durch Gespräche mit jüngeren Leuten, dass wir auch in Deutschland auf dem Weg dorthin sind. Ältere Leute sind dagegen oft resigniert durch das Verhalten ihrer Volksvertreter in der Vergangenheit. Und ganz junge Leute haben es oft schwer, überhaupt einen Zugang zu politischen Themen zu bekommen. So mein persönlicher Eindruck auf der Straße in den vergangenen zwei Wochen. Das bestätigt die Aussage von Andreas Gross, dass so ungeahnte Kräfte im Lande vergeudet werden: Menschen, die ihre Gaben in die Politik einbringen wollen, die Institutionen das aber nicht zulassen wollen, und junge Leute, die ebenfalls keinen rechten Platz für ihre Motivationen finden können.

Am Ende zeigte Andreas Gross auch noch auf mögliche Verbesserungen im Schweizer System. Denn Menschenrechte sind eben ein ewiger Lernprozess...

 

Insgesamt erlebe ich die Stimmung auf den Straßen als nach wie vor sehr gut. Viele Leute berichten, dass sie schon alles erledigt haben. Aber einige warten auch noch immer auf ihre Briefwahlunterlagen. Wir hoffen sehr, dass die Ämter gewissenhaft arbeiten und ALLE ihre angeforderten Stimmzettel rechtzeitig bis zum 5. März zurückschicken. Denn dann können wir dem Senat ganz deutlich zeigen, dass es uns nicht egal ist, was unsere Volksvertreter mit uns und unserem Land machen.

Also nicht resignieren, sondern weitermachen und so Druck auf die politischen Vertreter ausüben.

Ich wünsche uns allen eine erfolgreiche letzte Woche.

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