Gespräch zu Glyphosat mit foodwatch

Martin Rücker,
Geschäftsführer von foodwatch
 

MD: Foodwatch hat ja eine Eilaktion für ein Glyphosat-Verbot auf nationaler Ebene gestartet. Warum setzt ihr euch als Essensschützer gegen Glyphosat ein? 

Martin Rücker:Glyphosat ist in den Fokus gerückt, weil es so breit eingesetzt wird und weil die Zulassung für das Unkrautgift auslief, eine Entscheidung also anstand. Im Grunde geht es aber um mehr: darum, wie Pestizide und deren Wirkstoffe zugelassen werden, ob die Risiken ausreichend, unabhängig und transparent erforscht wurden und ob dem Vorsorgeprinzip Rechnung getragen wird. Das ist offensichtlich nicht der Fall.

Bei Glyphosat widersprechen sich renommierte Wissenschaftler/innen diametral bei der Frage nach dem krebserregenden Potenzial von Glyphosat. Wir können den Streit der Forscher/innen nicht auflösen, aber wir können darauf verweisen, dass genau für solche Fälle das Vorsorgeprinzip gemacht wurde. Deshalb darf Glyphosat nach unserer Auffassung nicht weiter eingesetzt werden.

MD: Wie könnte das Thema Glyphosateinsatz eurer Meinung nach geeignet mit einer Volksabstimmung bearbeitet werden? 

Martin Rücker: Ich bin sehr für Volksabstimmungen auf Bundesebene und für mehr echte direkte Demokratie auf EU-Ebene, gleichzeitig bin ich jedoch skeptisch, ob die Zulassung einzelner Pestizid-Wirkstoffe oder Präparate dafür geeignete Fragestellungen sind. Denn eigentlich sollte es bei diesen einzelnen Entscheidungen nicht mehr um Politik gehen, sondern um Wissenschaft.

Politisch gesetzt werden muss dagegen der Rahmen für solche Entscheidungen, und das dann gerne auch durch Volksabstimmungen – also zum Beispiel die Frage, ob wir das Vorsorgeprinzip oder einen risikobasierten Ansatz wollen, ob wir Behörden die Risikobewertung auf Basis von teils unveröffentlichten, ganz wesentlich von den Herstellern der betroffenen Produkte beauftragten Studien vornehmen lassen wollen oder ob es hier nicht mehr Transparenz geben müsste.

Ein solcher Rahmen sollte dann bei den einzelnen Entscheidungen nur noch ausgefüllt werden. Was aber ganz wesentlich fehlt, sind Klagerechte für Verbraucherinnen und Verbraucher bzw. deren Verbände. Denn wenn Behörden bei ihren Entscheidungen das fest im EU-Recht verankerte Vorsorgeprinzip missachten, was leider viel zu häufig geschieht, gibt es heute kaum eine Möglichkeit, dagegen vorzugehen.

 

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