Wir sind also immer darauf bedacht, Mehrheiten zu beschaffen. Das ist die Demokratie, die wir kennen. Mehrheit überstimmt Minderheit. Ist man auf der Seite der Gewinnerinnen und Gewinner fühlt es sich gut an. Ist man auf der Seite der Verliererinnen und Verlierer fühlt es sich unangenehm an. Sich unterlegen zu fühlen, übrig geblieben zu sein – absolut schattige Gefühle in der Demokratie.
In der Demokratie siegt heute die Macht der Stärkeren. Und damit der Kampf darum, sich gegen die anderen durchsetzen zu müssen. Doch dieses ewige politische Gezänk – muss das so sein? Immer mehr Menschen sind müde davon. Früher habe ich immer gedacht, das gehört zur Demokratie dazu. Heute weiß ich: Nee, das stimmt nicht. Das war gestern.
„Es geht auch anders!“, sage ich heute.
Wir müssen nur das Format ändern: Den Abstimmungsprozess in einen Einigungsprozess umwandeln. Nicht nach dem Entweder-oder fragen, sondern nach dem Sowohl-als-auch Ausschau halten. Nicht die Pro-Seite von der Contra-Seite trennen, sondern die Widerstände aufgreifen und einbeziehen. Gemeinsam Lösungswege finden, mit denen alle mitgehen können. Wir können die Demokratie auch so anwenden, dass alle sich in ihr wohler fühlen. Dass niemand außen vor bleibt. Wir müssen es nur immer öfter anders machen. Die Prozesse in Bürgerräten sind hier gute Beispiele. An vielen Orten werden immer öfter Methode und Format gewechselt, um diese neue demokratische Kultur anzuwenden und mit allen Beteiligten zur Einigung zu kommen. In Organisationen. In der Kommunalpolitik.
Zukünftig ist nicht, wer sich am besten durchsetzen kann – nein, zukünftig ist, wer moderieren und alle mitnehmen kann! Das jedenfalls beweisen die Methoden, die wir in guten Beteiligungsverfahren angewendet sehen. Wenn man die Methode ändert, ist nicht mehr wichtig, wer der oder die Beste oder Stärkste ist. Nein, mit einem anderen Prozess ist jeder einzelne Mensch wertvoll. Denn jede Person sieht Dinge, die auf das Ganze angewendet die Sache selbst besser machen.
Neu ist, dass sich immer mehr Menschen von dieser Art Demokratie angezogen fühlen. Sie suchen geradezu nach Orten, wo sie diese andere Erfahrung machen können und erleben sie dann wie Inseln der Erholung. Demokratie kann so freudig, verbindend und erleichternd sein! Täglich treffe ich Menschen, die sich nach Zugehörigkeit in der Demokratie sehnen. Das Schöne: Wir können diese Menschen ermutigen und andere Erfahrungen machen lassen. Unsere Aufgabe ist es, diese Wendemomente in der Demokratie zu ermöglichen. In der Kommunalpolitik. Irgendwann auch in der Bundespolitik. Vielleicht.
Das wird die alten Lagerkämpfe überflüssig machen! Im Zentrum der Demokratie steht der einzelne Mensch und nicht die organisierte Macht. Darauf kommt es an.











