Bundesverfassungsgericht verhandelt über Wahlcomputer

[48/08] Wahlcomputer: Mehr Demokratie sieht Öffentlichkeitsprinzip gefährdet

 

Das Bundesverfassungsgericht verhandelt am morgigen Dienstag (28. Oktober) über den Einsatz von Wahlcomputern. Gegen die Wahlgeräte der Bauart Nedap, die bei der Bundestagswahl 2005 in fünf Bundesländern eingesetzt worden waren, hatten zwei Wähler Beschwerde eingelegt. Sie sehen das Öffentlichkeitsprinzip gefährdet, da die Wahlcomputer es unmöglich machen, zu prüfen, ob Stimmen unverändert gespeichert und gezählt werden.

 

Auch der Verein Mehr Demokratie beurteilt den Einsatz von Wahlcomputern für die Stimmabgabe kritisch. "Zum jetzigen Zeitpunkt scheint uns die Technik unzureichend, um dem Öffentlichkeits- und dem Mehraugenprinzip gerecht zu werden", erklärt Gerald Häfner, Vorstandssprecher von Mehr Demokratie. "Mit der Stimmabgabe verschwindet die Wählerstimme quasi in einer Black Box. Was dort passiert und ob es den Wahlrechtsgrundsätzen entspricht, ist weder für die Wählenden, noch für die Wahlvorstände kontrollierbar." Grundsätzlich sei zwar jede Wahl manipulierbar, wenn die Stimme jedoch über Computer abgegeben werden, seien Manipulationen quasi nicht mehr nachweisbar.

 

Bevor das Bundesministerium des Innern Wahlcomputer zulässt, muss ein Mustergerät durch die Physikalisch-Technische Bundesanstalt geprüft werden. Die Kläger kritisieren dieses Verfahren, einerseits weil die Prüfung unter Ausschluss der Öffentlichkeit stattfindet, andererseits weil die Übereinstimmung der tatsächlich eingesetzten Geräte mit dem Muster nicht gewährleistet ist. Erschwerend kommt hinzu, dass der Quellcode der Wahlcomputer-Software nicht öffentlich zugänglich ist.

 

Die fehlende Transparenz beim Einsatz von Wahlcomputern sieht auch Mehr Demokratie als Problem: "Stimmabgabe und -verarbeitung müssen für alle interessierten Laien, nicht nur für eine kleine Expertengruppe, nachprüfbar sein", so Häfner. Auch den Grundsatz der geheimen Wahl sieht Mehr Demokratie gefährdet, da die Geräte eine Radiofrequenz abstrahlen, die mit entsprechenden Antennen aufgefangen werden könnte. "Wir befürchten, dass Wahlcomputer das Misstrauen der Bevölkerung schüren und sich somit negativ auf die Wahlbeteiligung auswirken könnten", sagt Häfner. Zeitgewinn und Einsparung von Arbeitskräften wiegen nach Ansicht von Mehr Demokratie weniger schwer als die Sicherheitsrisiken und der mögliche Legitimitätsverlust.

Ein Urteil der Karlsruher Richter wird für Anfang nächsten Jahres erwartet.

 

Mitteilungen des Bundesverfassungsgerichts zur Verhandlung:

www.bundesverfassungsgericht.de/presse.html

 

 

Noch ein Hinweis in eigener Sache: Die Besetzung der Pressestelle von Mehr Demokratie hat sich NICHT geändert. Neu ist lediglich der Nachname der Pressesprecherin. Statt Anne Krenzer wird Sie zukünftig Anne Dänner informieren. Die Kontaktdaten bleiben ansonsten die gleichen.

 

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