Halbjahresbilanz Volksbegehren: 12 direktdemokratische Verfahren auf Landesebene

[36/10] Soziales und Bildung Thema Nummer 1

 

Der Verein Mehr Demokratie zieht Halbjahresbilanz für die direkte Demokratie auf Landesebene. Insgesamt sind im ersten Halbjahr 2010 zwölf Verfahren in sieben Bundesländern zu verzeichnen. Davon sind vier Volksinitiativen bzw. Anträge auf Volksbegehren (1. Stufe des Verfahrens) und drei Volksbegehren (2. Stufe) neu gestartet. Drei Volksgesetzgebungsverfahren kamen zum Abschluss, zwei durch Volksentscheid (3. Stufe) in Bayern und Hamburg, in Thüringen ein Volksbegehren, indem der Landtag die Forderungen der Initiative erfüllt hat. Hinzu kommen zwei Volkspetitionen, die als unverbindliches Beteiligungsinstrument zu einer Behandlung des Anliegens im Landtag führen. Spitzenreiter unter den Bundesländern sind Hamburg und Berlin mit jeweils drei Verfahren. Niedersachsen hat zwei direktdemokratische Verfahren zu verzeichnen, Thüringen, Sachsen-Anhalt, Bayern und Mecklenburg-Vorpommern jeweils eines.

 

Mit den hinzugekommenen Verfahren erhöht sich deutschlandweit die Gesamtzahl bei Volksinitiativen bzw. Anträgen auf Volksbegehren seit 1946 auf 242, bei Volksbegehren auf 72, bei Volksentscheiden auf 18 und bei unverbindlichen Volkspetitionen auf 44.

 

„Die Themen der diesjährigen Volksbegehren und Volksentscheide sind - wie auch in den vergangenen Jahren - breit gestreut“, so Ralf-Uwe Beck, Mehr Demokratie-Vorstandssprecher. „Die Bürgerinnen und Bürger nutzen die Instrumente der direkten Demokratie, egal, welchem politischen Lager sie angehören. Der Volksentscheid ist bunt. Besonders wichtig sind den Menschen offenbar soziale und bildungspolitische Themen.“

 

Mehr Demokratie fordert die Einführung von Volksabstimmungen auch auf Bundesebene. „Die direkte Demokratie wird in den Kommunen und den Ländern immer selbstverständlicher genutzt. Umso unverständlicher ist, dass wir Bürgerinnen und Bürger über bundespolitische Themen nicht abstimmen dürfen“, so Beck. SPD, FDP, Grüne und Linke hatten in den vergangenen Jahren entsprechende Gesetzentwürfe vorgelegt. Diese scheiterten aber bisher an der nötigen Zweidrittel-Mehrheit im Bundestag. Regelmäßig sprechen sich in Umfragen 70 bis 85 Prozent der Deutschen für Volksabstimmungen auf Bundesebene aus, zuletzt 76 Prozent im ARD-Deutschland-Trend.

 

Soziales und Bildung

Themenbereich Nummer eins ist in der ersten Jahreshälfte 2010 mit sieben Verfahren Soziales und Bildung. Hierzu wurde in Berlin ein Antrag auf Volksbegehren eingeleitet, der die Hortbetreuung von Schulkindern verbessern soll. In Mecklenburg-Vorpommern startete eine Volksinitiative für ein kostenfreies Mittagessen in staatlichen Grundschulen und Kindertagesstätten. Unverbindliche Volkspetitionen gibt es zurzeit in Berlin für mehr Schulautonomie und in Hamburg gegen die Erhöhung der Gebühren für Kindertagesstätten. Niedersachsen hat ein Volksbegehren zu verzeichnen, das sich gegen die Schulzeitverkürzung auf zwölf Jahre wendet. In Thüringen war das Volksbegehren „Für eine bessere Familienpolitik“ bereits erfolgreich, da es vom Landtag zu großen Teilen übernommen wurde. In Hamburg kam es am 18. Juli zum Volksentscheid über die umstrittene Schulreform, wobei sich die Initiative „Wir wollen lernen“ durchsetzte.

 

Öffentliche Daseinsvorsorge

Mit Fragen der öffentlichen Daseinsvorsorge beschäftigten sich in der ersten Jahreshälfte zwei Verfahren. In Berlin strebt das Volksbegehren „Schluss mit Geheimverträgen – Wir Berliner wollen unser Wasser zurück“ eine Offenlegung von Privatisierungsverträgen an. In Hamburg wurde eine Volksinitiative zur Rekommunalisierung des örtlichen Energie-Netzes gestartet.

 

Territoriale Neuordnung und Baumaßnahmen

Ein Volksbegehren in Sachsen-Anhalt richtet sich gegen die zwangsweise Bildung von Einheitsgemeinden. In Niedersachsen leiteten Bürgerinnen und Bürger einen Antrag auf Volksbegehren für den Erhalt des alten Landtagsgebäudes ein.

 

Gesundheit

Der Volksentscheid zum Nichtraucherschutzgesetz am 4. Juli in Bayern war das einzige direktdemokratische Verfahren zum Thema Gesundheit in der ersten Jahreshälfte 2010.

Teilen:
nach oben