Hamburger stimmen ab, Rheinland-Pfälzer nicht

[34/19] Mehr Demokratie: Reform der direkten Demokratie notwendig

 

Die Hamburgerinnen und Hamburger durften am gestrigen Sonntag (18. Juli) selbst über die Zukunft der umstrittenen Schulreform entscheiden. Vor zwei Wochen wurden die Bürgerinnen und Bürger in Bayern an die Urne gerufen, um über das Nichtraucherschutzgesetz abzustimmen. In Rheinland-Pfalz gab es noch nie einen Volksentscheid und bisher nur ein einziges Volksbegehren, das jedoch scheiterte. „Das ist ein echtes Armutszeugnis für ein Bundesland, das die direkte Demokratie auf Landesebene bereits 1947 einführte. Die hohen Hürden beim Verfahren erschweren die politische Beteiligung der Bürgerinnen und Bürger“, sagt Michael Efler, Vorstandssprecher des Vereins Mehr Demokratie.

 

Nach Ansicht von Mehr Demokratie sind in Rheinland-Pfalz auch die Regelungen der direkten Demokratie auf kommunaler Ebene, also bei Bürgerbegehren und Bürgerentscheiden, reformbedürftig. Da die SPD-Landesregierung zurzeit eine Kommunal- und Verwaltungsreform plant, sei nun ein guter Zeitpunkt, um die Entscheidungsrechte der Bürgerinnen und Bürger zu stärken. Dazu müsse der aktuelle Gesetzentwurf zur Reform jedoch gründlich überarbeitet werden, meint Efler.

 

In einer rheinland-pfälzischen Gemeinde kommt es durchschnittlich alle 280 Jahre zu einem direktdemokratischen Verfahren. Zum Vergleich: In Nordrhein-Westfalen erlebt eine Gemeinde alle zwölf Jahre ein Bürgerbegehren, in Bayern durchschnittlich alle 14 Jahre. „Diese geringe Häufigkeit von Bürgerbegehren lässt sich nicht mit dem Verweis auf die angeblich beteiligungsintensive Verwaltungspraxis in den Gemeinden rechtfertigen“, so Efler. „Ursache für die mangelnde Praxis sind sicher auch die restriktiven Regelungen bei Bürgerbegehren und -entscheiden.“ In den rund 2.500 Gemeinden des Landes fanden innerhalb von 15 Jahren nur 140 Bürgerbegehren und 50 Bürgerentscheide statt.

 

Mehr Demokratie fordert vor allem, den Positivkatalog, der festlegt, zu welchen Themen Bürgerbegehren stattfinden dürfen, abzuschaffen. „Gerade die wichtigen Themen, wie etwa die Bauleitplanung, sind von der Mitbestimmung ausgenommen. Das entkernt das Instrument des Bürgerentscheids“, sagt Paul Kittler vom Landesverband Rheinland-Pfalz. „Im Nachbarland Baden-Württemberg ist der Positivkatalog inzwischen abgeschafft, ohne dass die Haushalte zusammenbrechen oder die Verwaltung lahm gelegt wird.“

 

Der aktuelle Gesetzentwurf sieht vor, das Unterschriftenquorum bei Bürgerbegehren von 15 auf zehn Prozent der Wahlberechtigten zu senken. Diese Senkung der Hürden würde in sechs von zwölf Städten jedoch gar nichts ändern, da dort jetzt schon geringere Obergrenzen gelten. Mehr Demokratie fordert deshalb, das Unterschriftenquorum auf sieben Prozent zu senken und einheitliche Obergrenzen von 7.000 bis 10.000 Unterschriften je nach Gemeindegröße einzuführen. Beim Bürgerentscheid soll nach Ansicht des Vereins das Zustimmungsquorum ganz abgeschafft werden.

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