Hessen: Scheinreform bei Volksbegehren

[04/11] Landtag nimmt CDU/FDP-Gesetzentwurf mehrheitlich an

Am heutigen Donnerstag (3. Februar) hat der Hessische Landtag mit den Stimmen der CDU/FDP-Regierungskoalition einen schwarz-gelben Gesetzentwurf zur Reform von Volksbegehren angenommen. Demnach wird die Unterschriften-Hürde, die für einen Antrag auf Volksbegehren zu überwinden ist, von drei auf zwei Prozent gesenkt. Das 20-Prozent-Quorum beim Volksbegehren, das in der Landesverfassung verankert ist, bleibt jedoch bestehen. „Die CDU-FDP-Koalition schmückt sich mit welken Blumen. Sie selbst bestätigt, dass es seit 1966 kein Volksbegehren mehr gegeben hat, weil die Hürden zu hoch seien. Mit dem heute gefassten Beschluss bleibt aber eben die unüberwindliche 20-Prozent-Hürde für Volksbegehren bestehen. Diese Reform ist nicht mehr als ein fauler Trick“, sagt Michael Efler, Vorstandssprecher des Vereins Mehr Demokratie.

Zwar hatte es 1966 ein Volksbegehren in Hessen gegeben. Dieses war jedoch an der 20-Prozent-Hürde gescheitert. Folglich gab es in Hessen seit Einführung der Volksgesetzgebung 1946 noch nie einen von Bürgern durch ein Volksbegehren angestoßenen Volksentscheid. „Wenn man Gesetze erlässt, sollten diese auch ihrem Zweck dienen. Ein Gesetz, das so gestaltet ist, dass es seit 65 Jahren niemand geschafft hat, es anzuwenden, ist seinen Namen nicht wert“, so Efler. Besonders bitter sei, dass in Hessen immerhin sechs mal der Anlauf für ein Volksbegehren gemacht wurde, indem eine Unterschriftensammlung für den Antrag auf Volksbegehren gestartet wurde. Das Bedürfnis nach Mitbestimmung sei also vorhanden, jedoch nach neuer Gesetzeslage weithin unmöglich.

Der Gesetzentwurf von CDU und FDP war heute ohne Änderungen verabschiedet worden. Anregungen, die unter anderem von Mehr Demokratie in einer Sachverständigen-Anhörung am 1. Dezember 2010 vorgebracht wurden, wurden nicht aufgegriffen. Am 16. Dezember 2010 hatten die Fraktionen von CDU und FDP Gesetzentwürfe von SPD und Bündnis 90/Die Grünen für weitgehende Reformen der Volksgesetzgebung im Hessischen Landtag abgelehnt. „Die Einwände der Sachverständigen zu ignorieren, den Entwurf unverändert zu beschließen und die weitergehenden Vorschläge der Opposition abzulehnen ist deutliches Zeugnis des Reform-Unwillens von CDU und FDP“, so Efler.

In der Stellungnahme zur Sachverständigen-Anhörung hatte Mehr Demokratie ein Unterschriftenquorum von 0,5 Prozent für den Antrag auf Volksbegehren und von drei bis fünf Prozent für ein Volksbegehren gefordert. Zudem sollten auch finanzwirksame und verfassungsändernde Volksbegehren zulässig sein. Die freie Unterschriftensammlung bei Volksbegehren sollte erlaubt, die Sammelfrist von zwei Wochen auf vier bis sechs Monate ausgedehnt werden. Hessen belegt in einem Volksentscheids-Ranking von Mehr Demokratie, das die Regelungen der direkten Demokratie in den Bundesländern vergleicht, Platz 10. „An dieser im Bundesvergleich schlechten Platzierung wird sich mit dem heutigen Beschluss auch in Zukunft nicht viel ändern“, so Efler.

Volksentscheids-Ranking unter:

wissen.mehr-demokratie.de/rankings-berichte.html

 

Sachverständigen-Stellungnahme von Mehr Demokratie:

wissen.mehr-demokratie.de/3732.html

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