Mehr Demokratie: Am Brexit wird Europa nicht zerbrechen

[13/16] Fachverband fordert Demokratie-Reformen auf EU-Ebene

Per Referendum haben sich die Briten gestern (23.6.) für den Austritt aus der EU entschieden. Trotz der zu erwartenden Turbulenzen ist nach Ansicht des Vereins Mehr Demokratie ein Dominoeffekt oder gar ein Auseinanderbrechen der EU nicht zu befürchten. Im Zuge der Brexit-Debatte müsse man auch die Frage stellen, wie die EU insgesamt demokratischer gestaltet werden könne. „Dass es überhaupt zu Austritts-Überlegungen kommt, zeigt doch, dass die EU ein Demokratie- und Legitimationsdefizit hat“, sagt Michael Efler, Vorstandssprecher des Vereins Mehr Demokratie.

„Nicht nur in Großbritannien, sondern auch in anderen Mitgliedstaaten erleben die Menschen die EU-Politik als abgehoben und elitengesteuert“, erläutert Efler. „Dabei sind viele nicht gegen ein gemeinsames Europa, sondern nur gegen die konkrete Ausgestaltung der EU-Politik. Wenn die Bürgerinnen und Bürger mehr Einfluss auf die EU-Politik und das Recht auf Volksabstimmungen hätten, dann hätten wir sicher bald eine demokratischere EU.“ Eine Analyse des Fachverbandes von Volksabstimmungen zu EU-Themen seit den 1970er Jahren zeigt: In 70 Prozent der Fälle stimmten die Bürger für mehr europäische Integration.

Das Brexit-Referendum sei auch als Mahnung zu verstehen, die EU-Politik grundsätzlich zu überdenken, so die Ansicht von Mehr Demokratie. „Im Zuge der Verhandlungen mit Großbritannien wurden erste Reformvorschläge vereinbart, zum Beispiel eine stärkere Rolle für nationale Parlamente“, sagt Efler. „Diese Ansätze dürfen nun nach dem Brexit nicht einfach wieder in der Schublade verschwinden.“ Der Verein macht in einem Positionspapier weitgehende Vorschläge zur Reform der EU. Demnach soll etwa eine neue EU-Verfassung von einem Bürgerkonvent verabschiedet werden, die Rechte des EU-Parlamentes gestärkt und die direkte Demokratie auf EU-Ebene eingeführt werden.

Mit weiteren EU-Austritten ist nach Einschätzung des Demokratie-Fachverbandes zumindest in absehbarer Zeit nicht zu rechnen: Großbritannien als Sonderfall sei schon immer EU-kritisch und profitiere zugleich weniger von der EU als andere Mitgliedstaaten, in denen Austrittsforderungen laut werden könnten, erklärt Efler. „In Frankreich und Tschechien etwa müssten zunächst mal rechtsnationalistische Oppositionsparteien Wahlsiege erringen, bevor ernsthaft über einen EU-Austritt diskutiert würde. In Ungarn und Polen gibt es rechtskonservative und EU-kritische Regierungen, doch diese scheinen eher auf Blockadehaltung bei bestimmten Themen innerhalb der EU zu setzen.“

Positionspapier zu EU-Reformen:

<link fileadmin pdf positionen11_europa_neu_denken_und_gestalten.pdf>www.mehr-demokratie.de/fileadmin/pdf/Positionen11_Europa_neu_denken_und_gestalten.pdf

Tabelle und Hintergrund-Papier „Volksentscheide zu EU-Fragen“:

<link fileadmin pdf>www.mehr-demokratie.de/fileadmin/pdf/2016-06-20_10_Thesen_EU-Volksentscheide.pdf

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