Mehr Demokratie zur EZB-Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts

[02/14] Bürgerklage hat Wirkung

Zu der vom Verein Mehr Demokratie initiierten Bürgerklage zu ESM und Fiskalvertrag hat das Bundesverfassungsgericht sein Urteil für den 18. März 2014 angekündigt. Zugleich hat das Gericht einen Teil der Klage abgetrennt und zum ersten Mal in seiner Geschichte dem Europäischen Gerichtshof zur Entscheidung vorgelegt.

Inhaltlich bestätigt das Bundesverfassungsgericht die mit der Klage vorgetragenen Bedenken gegen das OMT-Programm der Europäischen Zentralbank (EZB). Zugleich ist die Auffassung der Bürgerklage bestätigt, dass es der EZB an Legitimation für eine eigene Wirtschaftspolitik fehle. Auch sieht das Gericht in der Ankündigung der EZB,  unbegrenzt Staatsanleihen zu kaufen, eine klare Kompetenzüberschreitung der EZB.

Hinzu komme, dass die demokratisch legitimierten Organe der Bundesrepublik gehalten seien darauf hinzuwirken, dass die europäischen Organe sich eindeutig im Rahmen ihres europarechtlichen Mandats hielten. Dies gebiete auch das Grundgesetz.

Demnach haben die Bürgerinnen und Bürger das Recht, die Einhaltung dieser Rechtsgrundlagen mit der Verfassungsbeschwerde einzuklagen. Dies war von Bundesregierung und Bundestag bisher vehement  bestritten worden. „Zentralbanken haben große Macht, sind demokratisch nicht legitimiert und können von der Politik nicht kontrolliert werden. Dies ist demokratisch nur hinnehmbar, wenn sie bei ihrem klar begrenzten Mandat bleiben“, so der von Mehr Demokratie beauftragte Staatsrechtler Prof. Christoph Degenhart.

Mehr Demokratie sieht die Politik in der Pflicht: „Die Politik hat sich bisher als unfähig gezeigt, die nötigen grundlegenden Reformen zu beschließen, die mit der Übertragung von Hoheitsrechten auf europäische Institutionen verbunden sein müssen. Insbesondere muss das europäische Parlament mehr Rechte erhalten. Es geht nicht an, die europäische Zentralbank als Ersatz zu akzeptieren und sie Entscheidungen treffen zu lassen, die demokratisch nur das Europäische Parlament beschließen könnte. Unter der Behauptung, den Euro so retten zu können, bestimmen heute nicht legitimierte Finanzeliten auf Druck der Finanzmärkte über das Schicksal von Millionen Europäern und belasten sie einseitig. Das verändert Europa und trägt zu seiner Schwächung bei“, so Prof. Herta Däubler-Gmelin, die gemeinsam mit Degenhart die Bürgerklage vor dem Bundesverfassungsgericht vertritt. Der Konflikt zwischen schwachen und starken Euroländern sowie der Einfluss der Finanzmärkte und deren Regulierung blieben so weiter ungelöst.

Der Senat zeigt aber auch Wege auf zu einer möglichen unionsrechtskonformen Handhabung des OMT-Programms. Dies entspricht dem Gedanken einer Kooperation der Gerichte. Der Beschluss richtet sich also ebenso wenig wie die Bürgerklage gegen die europäische Integration. Nach Ansicht von Mehr Demokratie wird das Gericht den ESM und Fiskalvertrag selbst nicht mehr grundsätzlich in Frage stellen. Es sei jedoch davon auszugehen, dass das Gericht auch hier ebenso klare verfassungsrechtliche Direktiven aufzeigen wird.

„Bereits mit dem heutigen Beschluss sind wesentliche Ziele unserer Verfassungsbeschwerde erreicht, die Stärkung demokratischer Legitimation und demokratischer Verfahren in Europa“, so Degenhart. Mehr Demokratie fordert in diesem Zusammenhang, dass bei zukünftigen Souveränitätsübertragungen an die EU die Wählerinnen und Wähler über obligatorische Referenden direkt mit einbezogen werden.

Hintergrund:
Im September 2012 hatte Mehr Demokratie gemeinsam im Bündnis „Europa braucht mehr Demokratie“ mit Vollmacht von 37.000 Bürgerinnen und Bürgern die größte Verfassungsbeschwerde gegen ESM und Fiskalpakt eingereicht. Hintergrund der Beschwerde ist die zunehmende Entmachtung nationaler Parlamente und damit einhergehend auch der Bürgerinnen und Bürger. Das Bundesverfassungsgericht hatte den ESM unter Auflagen passieren lassen und den Fiskalpakt nicht beanstandet. Ebenfalls im September hatte der Rat der Europäischen Zentralbank den OMT-Beschluss verabschiedet, worauf sich das Verfahren seit dem konzentriert hat.


Bei Rückfragen: Roman Huber, 0179-9162056

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