Österreich: Volksbegehren fördert die Auseinandersetzung mit Europa

[14/15] Mehr Demokratie fordert verbindliche Volksabstimmungen auch für Deutschland

In Österreich läuft vom 24. Juni bis 1. Juli die Eintragungsfrist für ein Volksbegehren über den EU-Austritt. „Egal wie man zu dem  Volksbegehren inhaltlich steht – es wird auf jeden Fall dazu führen, dass sich die Menschen in Österreich wieder intensiver damit befassen, was Europa und eine EU-Mitgliedschaft für sie bedeuten“, sagt Claudine Nierth, Vorstandssprecherin von Mehr Demokratie Deutschland und ständiges Mitglied der derzeit eingesetzten Enquete Kommission zur direkten Demokratie in Wien. „Es ist ein Wert der direkten Demokratie, dass sie die Chance nutzt und Themen aufs Tablett bringt, die sonst im Verborgenen schwelen, und eine offene Auseinandersetzung damit fordert.“

Das österreichische Volksbegehren muss nun innerhalb von einer Woche von 100.000 Unterzeichnenden, die das 16. Lebensjahr vollendet haben und ihren Hauptwohnsitz in Österreich haben, unterstützt werden. Die Unterschriften müssen beglaubigt werden, die freie Sammlung auf der Straße ist also ausgeschlossen. Wird die notwendige Unterschriftenzahl erreicht, muss sich der Nationalrat mit der Forderung der Initiative befassen. Das aktuelle Volksbegehren fordert den Nationalrat auf, den Austritt Österreichs aus der EU per Bundesverfassungsgesetz zu veranlassen und dieses einer Volksabstimmung zu unterziehen. „Inhaltlich kann man über diese Initiative streiten und die Erfolgschancen sind wohl eher gering“, meint Nierth. „Vom Verfahren her ist Österreich dem Nachbarland Deutschland hier aber einen kleinen Schritt voraus – in Deutschland ist es der Bevölkerung völlig unmöglich, wichtige Themen auf die Agenda des Parlaments zu setzen.“

In Österreich ist ein Volksbegehren ein an das Parlament gerichteter Vorschlag. „Das ist mehr als in Deutschland auf Bundesebene möglich ist, aber dennoch bleiben die Bürgerinnen und Bürger auch hier nur Bittsteller.“ Mehr Demokratie fordert für Deutschland und für Österreich die Einführung einer dreistufigen Volksgesetzgebung mit Volksinitiative, Volksbegehren und verbindlichem Volksentscheid. Diese Position hatte der Verein, vertreten durch Claudine Nierth, auch in der Enquete-Kommission zur direkten Demokratie eingebracht, die seit Dezember 2014 tagt. „Eine Enquete-Kommission bietet entweder die Chance zur ernsthaften Auseinandersetzung mit einem Thema oder sie ist wie in Österreich eine Farce und dient dazu, ein Thema zu vertagen. Die Angst vor den eigenen Bürgerinnen und Bürgern ist noch zu groß“, sagt Nierth.

Hintergrund-Info direkte Demokratie in Österreich: <link>www.mehr-demokratie.de/presse-hintergrund.html

 

Übersicht Volksbegehren in Österreich: www.bmi.gv.at/cms/BMI_wahlen/volksbegehren/Alle_Volksbegehren.aspx

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