[67/11] Fachverband ruft Gegner und Befürworter zur Beteiligung auf
Wenige Tage vor dem Volksentscheid über das Ausstiegsgesetz zu Stuttgart 21 hat der Verein Mehr Demokratie ein Informationsblatt zur Abstimmung veröffentlicht. Zugleich ruft der unabhängige Fachverband Stuttgart 21-Gegner und -Befürworter gleichermaßen auf, abstimmen zu gehen. „Je mehr Menschen an dieser Volksabstimmung teilnehmen, desto höher wird ihre Legitimation sein und desto eher werden die Menschen das Ergebnis akzeptieren“, heißt es in dem Infoblatt.
Mehr Demokratie erläutert unter anderem die Beschlüsse und Ereignisse im Vorfeld der Volksabstimmung seit 1994 und erklärt, warum die viel kritisierte Abstimmungsfrage nicht anders formuliert werden konnte. Auch das Ein-Drittel-Zustimmungsquorum, das mehr Demokratie als „ungerecht und sachwidrig“ bezeichnet, ist Thema des Infoblatts: Wenn 40 Prozent aller Wahlberechtigten abstimmen gehen, müssten 83 Prozent der Abstimmenden „Ja“ ankreuzen, damit die Beteiligungshürde übersprungen wird. Selbst bei einer für Volksabstimmungen hohen Beteiligung von 50 Prozent müssten noch 67 Prozent der Teilnehmer für einen Ausstieg aus „Stuttgart 21“ stimmen. „Im Gegensatz zu Wahlen berühren Sachfragen immer nur einen Teil der Bevölkerung. Wer sich nicht schlau machen konnte oder wollte, sollte sich der Stimme enthalten können, ohne dass er kurzerhand dem Nein-Lager zugerechnet wird“, begründet Mehr Demokratie die Kritik am Quorum.
In Bezug auf den Ausgang der Abstimmung entwickelt Mehr Demokratie drei mögliche Szenarien. Einen verbindlichen Gesetzesbeschluss wird es nur in dem Fall geben, dass eine Mehrheit mit „Ja“ stimmt und das Zustimmungsquorum erreicht wird. In den anderen beiden Fällen (a) Mehrheit gegen das Kündigungsgesetz oder b) Mehrheit für das Kündigungsgesetz, aber Quorum nicht erreicht), liegt es im Ermessen der Landesregierung, wie sie mit dem Ergebnis umgeht.
Mehr Demokratie erneuert mit dem Infoblatt die Forderung nach fairen Verfahrensregeln für die direkte Demokratie in Baden-Württemberg. Da die für eine entsprechende Verfassungsänderung notwendige Zweidrittel-Mehrheit von der CDU blockiert wird, schlägt die Initiative vor, die grün-rote Regierungsmehrheit solle eine eigene Volksabstimmung über die gewünschte Verfassungsänderung ansetzen. Bei einer solchen Abstimmung müssten 50 Prozent aller Wahlberechtigten der Vorlage zustimmen – eine Hürde, die nur durch die Zusammenarbeit von Landesorganen und Zivilgesellschaft zu nehmen wäre. „Für eine neue Vereinbarung der demokratischen Spielregeln lohnt sich eine solche Kraftanstrengung und birgt große Chancen für unser Land“, so das Fazit von Verwaltungsrechtler Roland Geitmann, der gemeinsam mit Sarah Händel das Informationsblatt verfasst hat.
Infoblatt online: www.mitentscheiden.de/va_info_s21.html