Volksbegehrensbericht 2012: Bürger wollen mehr Mitbestimmung

[28/13] Bürgerinnen und Bürger wollen auch zwischen den Wahlen mitbestimmen – Fachverband fordert Volksentscheid auch auf Bundesebene

 Zehn neue und 26 laufende direktdemokratische Verfahren auf Landesebene im Jahr 2012, kontinuierlich steigende Zahlen seit den 90er Jahren: Der jährlich von Mehr Demokratie vorgelegte Volksbegehrensbericht zeigt, dass Bürgerinnen und Bürger auch zwischen den Wahlen bei einzelnen Sachthemen mitentscheiden wollen. Ein großer Teil der neuen Initiativen 2012 beschäftigte sich mit sozialen Fragen, wie beispielsweise das „Volksbegehren für kostenlose Schulbusse“ in Schleswig-Holstein. Aber auch zu „Bildung und Kultur“, „Demokratie, Staatsorganisation und Innenpolitik“ oder zum Thema „Umwelt“ starteten Initiativen.

Abgeschlossen wurden 2012 zehn Verfahren. Drei von ihnen waren erfolgreich und eines teilweise erfolgreich, jeweils bevor es zum Volksentscheid kam. Die Vorlagen der Initiativen wurden in diesen Fällen entweder ganz oder teilweise von den Länderparlamenten übernommen. Die drei vollständig übernommenen Initiativen gehen auf Mehr Demokratie zurück (zwei in Schleswig-Holstein, eins in Hamburg). Sechs Volksbegehren scheiterten, ohne dass es zu einem Volksentscheid kam. Gründe hierfür waren in allen Fällen nicht genügend Unterschriften in der ersten oder zweiten Verfahrensstufe. Hier fordert Mehr Demokratie die Senkung von Unterschriftenhürden (Quoren), längere Sammelfristen und die Zulassung der freien Sammlung. Die Erfolgsquote der abgeschlossenen Verfahren lag damit im Jahr 2012 bei 35 Prozent und damit höher als der langjährige Durchschnitt von 29 Prozent.

„Die Menschen wollen Initiativen starten, selbst Gesetzesentwürfe schreiben und so der Politik Richtungen vorgeben oder auch korrigierend aktiv werden. In immer mehr Bundesländern ist eine lebendige direktdemokratische Praxis mittlerweile selbstverständlich geworden“, so Ralf-Uwe Beck, Vorstandssprecher von Mehr Demokratie. „Diese Entwicklung auf Landesebene unterstreicht die Forderung nach Einführung des bundesweiten Volksentscheids.“

Seit 1946 gab es insgesamt 278 Volksinitiativen, hinzu kommen 49 unverbindliche Volkspetitionen. Die meisten Verfahren wurden in Bayern (46), Brandenburg (38) und Hamburg (36) gestartet, deutschlandweit kamen bisher 78 direktdemokratische Verfahren in die zweite Stufe, es gab 19 von Bürgerinnen und Bürgern initiierte Volksentscheide. Bei der Betrachtung der Häufigkeit von  direktdemokratischen Verfahren fällt jedoch auf, dass nicht Bayern Spitzenreiter ist, sondern Hamburg und Brandenburg. In beiden Ländern wird durchschnittlich jedes halbe Jahr ein neues direktdemokratische Verfahren eingeleitet, in Bayern statistisch gesehen alle 1,5 Jahre. Diese Zahlen ergeben sich bei der Berücksichtigung der Einführung direktdemokratischer Instrumente: In Bayern gibt es seit 1946 „von unten“ initiierte Verfahren, in Hamburg und Brandenburg erst seit 1996 beziehungsweise 1992. In Brandenburg gab es jedoch seit der Einführung keinen Volksentscheid, in Hamburg und Bayern jeweils sechs. Schlusslichter sind Rheinland-Pfalz, Hessen, das Saarland und Baden-Württemberg. In keinem dieser Länder fand bisher ein Volksentscheid statt. In den letzten Jahrzehnten gab es nur in Rheinland-Pfalz und in Hessen je ein Verfahren, das bis zur zweiten Stufe, dem Volksbegehren, gelangt ist. Gründe dafür sind restriktive Regelungen wie etwa hohe Quoren, zu kurze Sammelfristen, der Ausschluss von finanzrelevanten Themen oder das Verbot der freien Unterschriftensammlung.

Positiv bewertet Mehr Demokratie, dass immer mehr Bundesländer ihre Volksgesetzgebung reformieren. In Schleswig-Holstein und Bremen/Bremerhaven wurden vielversprechende Reformen beschlossen, zaghafte Fortschritte gibt es im Saarland, eine Reform deutet sich in Baden-Württemberg an. „In allen Ländern gibt es die direkte Demokratie auf Landesebene, aber sie ist nicht überall nutzbar. Die Landesparlamente sind gefragt, für faire und bürgerfreundliche Regeln zu sorgen. Hieran misst sich, ob die landauf, landab gehaltenen Reden von mehr Bürgerbeteiligung ernst gemeint sind“, so Beck.

Downloads:

  • <media 36450 - external-link-new-window "Opens external link in new window">Der Volksbegehrensbericht</media>
  • <media 36452 - external-link-new-window "Opens external link in new window">Presseinformation zum Volksbegehrensbericht</media>

 

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