CETA: Stoppt eine Kettenreaktion das Abkommen?
Der französische Senat hat sich überraschend mit deutlicher Mehrheit gegen das Freihandelsabkommen zwischen der EU und Kanada ausgesprochen. Die Nationalversammlung könnte folgen. Und dann?
Es ist ein Rückschlag für die Befürworterinnen und Befürworter von CETA: Der französische Senat, gleichsam das Oberhaus unseres Nachbarlandes, verweigerte dem Freihandelsabkommen zwischen der EU und Kanada die Zustimmung. 211 von 255 Senatorinnen und Senatoren sagten Nein.
Nun ist die Nationalversammlung wieder am Zuge. 2019 noch hatte sie CETA ratifiziert, dem Abkommen also zugestimmt. Doch mittlerweile hat Präsident Macron seine Mehrheit in der Nationalversammlung verloren. Die CETA-kritischen Parteien verfügen auch dort über eine Mehrheit. Zudem hat sich die Stimmung im Lande gedreht, insbesondere wegen der Proteste der Landwirtinnen und Landwirte. Sie fordern unter anderem den Schutz vor Agrarimporten, was dem Gedanken des Freihandels widerspricht.
Seit 2017 ist CETA in Kraft: allerdings nur vorläufig. Deswegen dürfen auch die undemokratischen Ausschüsse und das Schiedsgerichtssystem noch nicht arbeiten. Damit das Abkommen final beschlossen wird, bedarf es der Ratifizierung aller EU-Staaten. Heißt: Alle nationalen Parlamente müssen Ja zu CETA sagen.
In mehreren EU-Staaten war das noch nicht der Fall, darunter Italien und Polen. Nun das Nein aus der zweitgrößten Volkswirtschaft der EU. Das freihandels-freundliche Handelsblatt befürchtet nach „dem unerwarteten Widerstand aus Frankreich“ eine Kettenreaktion: „Ein ‚Non’ aus Paris könnte eine Dynamik auslösen, die den sicher geglaubten Deal mit Kanada ins Wanken bringt“, so die Tageszeitung.
Wir von Mehr Demokratie kritisieren das Freihandelsabkommen aus demokratie-politischer Sicht. Unsere Argumentation: CETA verletzt unser aller Recht auf demokratisch legitimierte Entscheidungen. Ausschüsse und Schiedsgerichte sind mächtige Akteure. Doch unsere Parlamente haben zu wenig Einfluss auf sie. Wenn wichtige Entscheidungen abseits der Parlamente gefällt werden, in freischwebenden Ausschüssen und Schiedsgerichten, dann entwertet das auch unser Wahlrecht.
Mehr Demokratie hat bereits zwei Verfassungsbeschwerden eingereicht, zuletzt im Januar 2024 gegen die Ratifizierung durch Bundestag und Bundesrat. Mit uns vor das Bundesverfassungsgericht ziehen Foodwatch und Campact.