CETA: SPD überschreitet rote Linien!

Den am gestrigen Montag verabschiedeten Leitantrag des SPD-Parteivorstandes zu CETA hält Mehr Demokratie für einen „Holzweg“. Der Antrag zielt darauf, Parteichef und Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel die Zustimmung zu CETA zu erlauben und auf nachträgliche Änderungen des Abkommens durch die Parlamente zu setzen. Unserer Einschätzung nach sind die von der SPD beschlossenen roten Linien für eine Zustimmung zu CETA deutlich überschritten. Wir fordern Vizekanzler Sigmar Gabriel und die SPD dazu auf, die vorläufige Anwendung von CETA zu verhindern und die Zustimmung zu dem Handelsabkommen zu verweigern! 

Von Charlie Rutz

Während Sigmar Gabriel, Bernd Lange (Handelsausschuss-Vorsitzender im Europäischen Parlament, SPD) und nun auch der SPD-Parteivorstand für eine Zustimmung zu CETA werben, machen Teile der SPD, die Gewerkschaften und zahlreiche Organisationen der Zivilgesellschaft dagegen mobil. Nach einer Analyse von Mehr Demokratie sind die von der SPD selbst definierten Kriterien für CETA an mehreren Stellen nicht erfüllt. Anders als Bernd Lange (siehe sein Papier) kommen wir zum Ergebnis, dass die roten Linien der SPD deutlich überschritten sind. Mehr Demokratie setzt sich seit Längerem intensiv inhaltlich mit dem CETA-Vertrag auseinander. Hier eine Analyse des CETA-Papieres von Bernd Lange:

Im Einzelnen kritisieren wir: 

  • Eine substanzielle Änderung oder Präzisierung von CETA ist – anders als von Lange suggeriert – im parlamentarischen Ratifikationsverfahren nicht möglich.
     
  • CETA droht das europäische Vorsorgeprinzip auszuhöhlen. Langes Verweise auf die Welthandelsorganisation widerlegen dies nicht – im Gegenteil.
     
  • Der Gemischte CETA-Ausschuss hat weitreichende Entscheidungskompetenzen und ist nur unzureichend demokratisch kontrolliert und legitimiert.
     
  • Bei den Investitionsschutzregelungen gibt es signifikante Verbesserungen gegenüber anderen Verträgen. Dennoch werden Investoren weitreichende materielle Schutzstandards gewährleistet, deren genaue Reichweite zu unbestimmt ist.
     
  • Die öffentliche Daseinsvorsorge ist nicht lückenlos geschützt und Stillhalte- und Sperrklinkenklauseln schränken den demokratischen Handlungsspielraum speziell der Kommunen ein.
     
  • Gegen Instrumente zur Sicherung der Finanzmärkte können Investoren (Finanzmarktakteure) über das Investitionsgericht Schadenersatz fordern.

„Statt die Verantwortung abzuschieben, muss Gabriel im EU-Handelsministerrat im September klar Position gegen die vorläufige Anwendung von CETA und gegen die aktuellen Inhalte beziehen“, sagt unser Vorstandssprecher Ralf-Uwe Beck. „Nachverhandlungen in den Parlamenten werden kaum noch möglich sein, wenn CETA vorläufig angewendet wird. Nur ein „Nein“ der Regierungen wird zu echten Nachverhandlungen führen – hier ist Gabriel selbst ist in der Pflicht.“

Besonders problematisch ist das oberste CETA-Steuerungsgremium, der Gemischte Ausschuss, der weder demokratisch legitimiert noch ausreichend demokratisch kontrolliert ist. Zudem werden ausländischen Investoren mit dem Schiedsgerichtssystem Vorteile eingeräumt, deren Reichweite völlig unklar ist und die weiterhin zu Schadenersatzzahlungen in Milliardenhöhe führen können.

„Wenn CETA vorläufig angewendet wird, fangen demokratisch nicht legitimierte Gremien und investorenfreundliche Schiedsgerichte einfach an zu arbeiten, noch bevor auch nur ein nationales Parlament seine Zustimmung gegeben hat“, meint Beck. Hinzu kommt, dass sich die EU-Kommission mit Verweis auf das Urteil des Europäischen Gerichtshofs zum EU-Singapur-Abkommen eine Hintertür offengelassen hat, CETA doch noch komplett ohne die Mitgliedstaaten zu verabschieden. „Wer den Einfluss der Parlamente sichern will, muss Nein zur vorläufigen Anwendung sagen“, stellt Beck fest. „Der Ja-Aber-Kurs der SPD-Spitze verkennt die politischen Realitäten und wiegt die zahlreichen parteiinternen Kritiker in falscher Sicherheit.“ Ein gemeinsamer Aufruf von Mehr Demokratie, foodwatch, Greenpeace, Campact und dem BUND fordert Bundeswirtschaftsminister Gabriel auf, die vorläufige Anwendung von CETA abzulehnen. Bereits rund 288.000 Menschen unterstützen den Aufruf.

Im Oktober soll der Rat der Europäischen Union über die Unterzeichnung und vorläufige Anwendung von CETA entscheiden. Die grundlegenden Weichen für die Zustimmung soll am 23. September der Handelsministerrat in Bratislava stellen.

Entgegnung auf Bernd Lange zu CETA

Der Vorsitzende des Handelsausschusses des Europäischen Parlamentes, Bernd Lange (SPD), behauptet, dass es bei CETA gelungen sei, in vielen Bereichen fortschrittlichere Regeln und Standards zu vereinbaren, als sie in bisherigen Handelsabkommen zu finden seien. Mehr Demokratie hat eine Entgegnung auf das Papier von Bernd Lange veröffentlicht.

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