Einschränkungen beim Bürgerentscheid

Vergangenes Jahr hat die schwarz-grüne Regierung in Schleswig-Holstein die Hürden beim Bürgerentscheid erhöht. Nur weil ein breites, von uns initiiertes Bündnis ein Volksbegehren vorbereitet hat, kam es zu einer Einigung mit dem Landtag. Die Einschränkungen wurden weitestgehend zurückgenommen. Jetzt droht ähnliches in Bayern und Hessen.

In Bayern finden fast die Hälfte aller Bürgerbegehren deutschlandweit statt. Aber wie lange noch? Ministerpräsident Markus Söder und sein Vize Hubert Aiwanger planen Einschränkungen beim Bürgerentscheid – und tarnen ihr Vorhaben unter dem Begriff „Weiterentwicklung“. Das kündigte Söder in seiner letzten Regierungserklärung an. Sein Grund: Bürgerinnen und Bürger bremsten den Fortschritt in den Bereichen Windkraft, Solar und Krankenhäuser. Doch das stimmt nicht! Für das, was die Regierung in den vergangenen Jahren versäumt hat, sollen nun die Bürgerinnen und Bürger verantwortlich gemacht werden. Söders Plänen wollen wir uns entgegenstellen. Gemeinsam müssen wir verhindern, dass das Beispiel Schule macht. Denn bei den Regeln für die direkte Demokratie schaut ein Bundesland oft aufs andere. 

Es war die CSU, die den Ausbau der Windkraft jahrelang behindert hat. Dazu kommt: 67,3 Prozent der klimabezogenen direktdemokratischen Verfahren in Bayern von 2013 bis 2022 hatten eine positive Zielrichtung. Lediglich ein Sechstel der Anliegen zum Thema Klima bremsten tatsächlich. Und bei diesem einen Sechstel hätten frühzeitige Beteiligung und bessere Dialoge sicherlich geholfen.
An einem Runden Tisch wird die direkte Demokratie jetzt auf den Prüfstand kommen, so lautet Söders Plan. Wir befürchten allerdings, dass unter dem Vorwand der Weiterentwicklung die Rechte der Bürgerinnen und Bürger in Bayern eingeschränkt werden.

Ähnlich wie Söder in Bayern argumentiert auch die schwarz-rote Landesregierung in Hessen. Die geplante Änderung zielt darauf, künftig große Infrastrukturvorhaben von Bürgerbegehren und Bürgerentscheiden auszuschließen. Das stellt einen starken Einschnitt in die Mitbestimmungsrechte der Bürgerinnen und Bürger dar. Die direktdemokratischen Verfahren aus der Praxis der letzten Jahre zeigen: Die Angst vor der direkten Demokratie auf Gemeindeebene ist sachlich nicht begründbar.

Konkret soll der Negativ-Katalog für Bürgerbegehren und Bürgerentscheide in Hessen erweitert werden. Die Regelung, die die Landesregierung aus der nordrhein-westfälischen Gemeindeordnung übernommen hat, würde zukünftig direktdemokratische Verfahren zu Themen ausschließen, die „im Rahmen eines Planfeststellungsverfahrens, eines förmlichen Verwaltungsverfahrens mit Öffentlichkeitsbeteiligung oder eines abfallrechtlichen, immissionsschutzrechtlichen, wasserrechtlichen oder vergleichbaren Zulassungsverfahrens zu entscheiden sind“. Das beträfe nach aktuellen Analysen von Mehr Demokratie etwa jedes 10. Bürgerbegehren in Hessen.

Dabei können wir nachweisen: Durch frühzeitiges Einbeziehen der Bürgerinnen und Bürger werden Verfahren insgesamt schneller, die Ergebnisse besser, und oft wird sogar noch Geld gespart.

Wenn die bayerische und die hessische Regierung tatsächlich Bürgerbegehren einschränkt, kann sie mit genau der gleichen Gegenwehr rechnen wie in Schleswig-Holstein. Wir lassen uns den Bürgerentscheid nicht beschneiden. Die Gesellschaft hat sich verändert. Auch wir sind der Meinung, dass wir direktdemokratische Verfahren verbessern müssen. Für uns bedeutet das aber: mehr Dialog, frühzeitigere Beteiligung und zusätzliche Bürgerräte. In einer Zeit, in der die Demokratie und ihre Institutionen von vielen in Frage gestellt wird, ist das das absolut falsche Signal. Die Hürden zu senken, statt sich abzuschotten, das wäre der richtige Weg.

 

Gemeinsam müssen wir das verhindern.

nach oben