Gegen Volksabstimmung: Lindner wirft FDP-Beschlüsse über Bord

[56/11] Äußerungen des Generalsekretärs stehen im Widerspruch zur Parteilinie

Die Initiative Mehr Demokratie zeigt sich verwundert über die Äußerungen des FDP-Generalsekretärs Christian Lindner gegen bundesweite Volksabstimmungen. Zwar könne er sich mehr Bürgerdemokratie vorstellen, eine Volksgesetzgebung auf Bundesebene passe aber nicht ins Grundgesetz – so äußert sich Lindner im aktuellen Spiegel. „Der Generalsekretär wirft die Beschlüsse seiner eigenen Partei über Bord“, sagt Ralf-Uwe Beck, Vorstandssprecher von Mehr Demokratie. „Lindner hat die Orientierung verloren.“

In ihrem Wahlprogramm von 2009 tritt die FDP für Volksabstimmungen auf Landes- und Bundesebene ein. Im gleichen Jahr haben die Liberalen einen eigenen Gesetzentwurf zur Einführung bundesweiter Volksentscheide vorgelegt. Bereits im 1997 verabschiedeten und noch gültigen Parteiprogramm fordert die FDP eine Volksinitiative auf Bundesebene – weit mehr als Lindner jetzt zugestehen will. „Die FDP-Spitze sollte klarstellen, welchen Kurs sie in Sachen Bürgerbeteiligung segelt“, fordert Beck. „Jedenfalls rudert Lindner gerade zurück.“

Die Behauptung, dass eine bundesweite Volksgesetzgebung nicht ins Grundgesetz passe, nennt Beck absurd. „Artikel 20 des Grundgesetzes sagt eindeutig, dass die Staatsgewalt nicht nur in Wahlen, sondern auch in Abstimmungen ausgeübt wird.“ Das Grundgesetz entsprechend zu erweitern sei nicht nur möglich, sondern von seinen Verfassern sogar geplant gewesen. „Diverse Studien belegen, dass die Väter und Mütter des Grundgesetzes lediglich aus Angst vor den Kommunisten während des Kalten Krieges auf Volksentscheide verzichten wollten.“ Mittlerweile stehe der Einführung bundesweiter Volksabstimmungen also nichts mehr im Wege. „Außer der CDU/CSU sind bisher alle etablierten Parteien für die Volksgesetzgebung auf Bundesebene eingetreten – wenn die FDP jetzt wieder zurückrudert, verkennt sie die Zeichen der Zeit.“

Dennoch habe offenbar auch der Generalsekretär erkannt, dass die Diskussion um Grundsatzfragen nicht an den Bürgerinnen und Bürgern vorbei laufen kann. So spricht Lindner sich im Spiegel-Interview für mehr Bürgerdemokratie „im Sinne der Selbstregierung von Bürgern durch Bürger“ aus und hält Volksbefragungen für diskussionswürdig. „Eine Bürgerdemokratie kann sich nicht in unverbindlichen Befragungen erschöpfen“, meint Beck. „Die Bürger dürfen nicht auf Bittsteller reduziert werden, sondern sind Mitgestalter der Politik.“

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