Volksbegehrensbericht 2015: Direkte Demokratie wird weiter ausgebaut

[05/15] Hohe Hürden: Von über 300 beantragten Volksbegehren kamen nur 22 zum Volksentscheid

Der direkten Demokratie auf Landesebene steht im Jahr 2015 ein Entwicklungsschub bevor. Das geht aus dem Volksbegehrensbericht 2015 hervor, den der Verein Mehr Demokratie am heutigen Donnerstag (12. März) in Berlin vorgestellt hat. Der Bericht untersucht die Entwicklung der direkten Demokratie auf Landesebene. „Es bestätigt sich: Volksbegehren werden dort genutzt und entfalten ihre Wirkung auf die Politik, wo sie bürgerfreundlich geregelt sind. Hier gibt es einen Reformstau, der sich 2015 in einigen Ländern endlich auflösen könnte“, sagt Ralf-Uwe Beck, Bundesvorstandssprecher des Vereins Mehr Demokratie.

Seit der Einführung in den ersten Bundesländern (Bayern und Hessen) 1946 wurden deutschlandweit 324 direktdemokratische Verfahren eingeleitet. Die meisten davon (299) haben Bürgerinnen und Bürger durch Unterschriftensammlungen ausgelöst. In 25 Fällen war ein Volksentscheid gesetzlich vorgeschrieben, fand also ohne vorherige Unterschriftensammlung statt. „In knapp 60 Jahren wurden zwar mehr als 300 Unterschriftensammlungen gestartet – es gab aber nur 85 Volksbegehren und 22 Volksentscheide“, stellt Beck fest. „64 Prozent aller Verfahren scheitern bereits vor einem Volksentscheid an zu hohen Unterschriftenhürden, zu kurzen Sammelfristen, weil die Unterschriften nicht frei auf der Straße gesammelt werden dürfen oder weil viele Themen nicht zulässig sind.“

Während es im Saarland und Baden-Württemberg bisher kein einziges Verfahren über die erste Stufe hinaus geschafft hat, wird in Hamburg jedes halbe Jahr ein Verfahren gestartet. Alle 1,2 Jahre geht in der Hansestadt ein Volksbegehren in die zweite Sammelstufe und alle 2,7 Jahre findet ein Volksentscheid statt. Weit vorn im Länder-Vergleich liegt auch Bayern, wo mit insgesamt 50 Volksbegehren so viele eingeleitet wurden wie in keinem anderen Bundesland. Betrachtet man nur die vergangenen zehn Jahre, gehört außerdem Berlin zu den Spitzenreitern: In der Hauptstadt wird jedes halbe Jahr ein neues Verfahren eingeleitet, alle 1,3 Jahre kommt es zum Volksbegehren und alle zwei Jahre zu einem Volksentscheid. Im Nachbarland Brandenburg hingegen ist der Mitsprachebedarf fast genauso hoch wie in Hamburg (alle 0,6 Jahre ein neues Verfahren), die Regelungen aber so bürgerunfreundlich, dass es noch nie einen Volksentscheid gab. „In Brandenburg dürfen die Menschen nur auf den Ämtern oder per Brief  für Volksbegehren unterschreiben“, erklärt Oliver Wiedmann, Vorstandssprecher des Mehr Demokratie-Landesverbands Berlin-Brandenburg. „Das niedrige Unterschriftenquorum nützt nichts, wenn die Initiativen ihre Unterschriften nicht auf der Straße, auf Marktplätzen oder bei Veranstaltungen sammeln dürfen.“

Mehr Demokratie sieht in vielen Ländern noch Reformbedarf: „In Baden-Württemberg, Rheinland-Pfalz, Hessen und Nordrhein-Westfalen könnte die Reformampel im Jahr 2015 auf grün schalten“, meint Beck. „Wenn diese Länder die Unterschriftenhürde für Volksbegehren senken, bringt das die direkte Demokratie in Deutschland einen Riesenschritt weiter.“ Die größte Reform-Baustelle bleibt laut Beck jedoch die Bundesebene: „Deutschland ist das einzige Land in der EU, das noch nie eine Volksabstimmung über bundespolitische Themen erlebt hat. Dabei zeigt der Blick auf die Landesebene, dass sich repräsentative und direkte Demokratie gut ergänzen.“

Info-Grafik zum Ländervergleich und Presse-Info zum Volksbegehrensbericht:

www.mehr-demokratie.de/presse-hintergrund.html

Pressesprecherin Anne Dänner   Tel.: 030/420 823 70 o. 0178/816 30 17   presse@mehr-demokratie.de

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