Zum Tag der EBI: Händel fordert Reform der EBI und einen permanenten Bürgerrat. „Mehr Macht heißt auch: Bürgerinnen und Bürger ernst nehmen!“
Kritische Bilanz zum Tag der Europäischen Bürgerinitiative (EBI)
Zum Tag der Europäischen Bürgerinitiative (EBI) am morgigen Dienstag (05. März) zieht Sarah Händel, Europasprecherin des Fachverbands Mehr Demokratie e.V., kritisch Bilanz: „Die EBI sollte den Bürgerinnen und Bürgern der EU die Möglichkeit geben, Politik mitzugestalten. Doch dieses Versprechen erweist sich zunehmend als Illusion.“ Mit Hilfe einer EBI können mindestens eine Million Bürgerinnen und Bürger aus mindestens einem Viertel der EU-Mitgliedsstaaten die Kommission auffordern, einen Rechtsakt zu einem konkreten Thema vorzuschlagen.
Doch noch kein einziges der rund zehn Vorhaben, das die Bürgerinnen und Bürger in den letzten zwölf Jahren erfolgreich auf die Agenda gesetzt haben, ist bislang umgesetzt worden. Die Frustration kulminierte im letzten Herbst: Die EU-Kommission kam ihrer öffentlichen Selbstverpflichtung nicht nach, die Tierschutz-EBI „End the Cage Age“ umzusetzen. Sie verwies dabei auf weitere „Prüfungsprozesse“.
Die Enttäuschung über den gescheiterten Versuch mit der Cage-EBI sei riesig, so Händel. Die EU habe sowieso schon bei vielen Menschen den Status einer undurchschaubaren Black Box. Dass es den Europäischen Institutionen nicht wichtig genug sei, selbst ihr eigenes Umsetzungsversprechen einzuhalten, sende ein verheerendes Signal aus. „Wenn die Bürger-Anliegen einfach in den intransparenten Wirrungen der Brüsseler Bürokratie verschwinden, fühlen sich die Bürgerinnen und Bürger nicht ernst genommen. Und die Organisationen, die mit riesigem Aufwand eine Million Unterschriften gesammelt haben, bleiben vor den Kopf gestoßen zurück”. Das Ziel war, die oft grausame Käfighaltung in der EU zu beenden.
Händel: „Das Europäische Parlament und die EU-Kommission müssen das Instrument EBI wirksamer machen und weitere Beteiligungsinstrumente einführen”. Der unumgängliche und vom Parlament bereits geforderte Verfassungskonvent böte die Chance dazu.
Die EU steht nach der Wahl im Juni vor der immensen Herausforderung, die eigenen Entscheidungsstrukturen tiefgreifend zu überarbeiten. Das EU-Parlament hatte deswegen schon letzten Sommer den Prozess für einen Verfassungskonvent angestoßen. Um handlungsfähiger zu werden, muss die EU das noch in vielen Bereichen geltende Prinzip der Einstimmigkeit weiter auflockern. „Wird die Einstimmigkeit gelockert, bedeutet das einen erheblichen Machtzugewinn für die Europäischen Institutionen“, erklärt Händel.
Sie fordert im Gegenzug auch den Ausbau der Bürgerbeteiligung: Eine EBI, die ernst genommen wird, und einen dauerhaft tagenden losbasierten Bürgerrat, der den europäischen Institutionen lebensweltnahe Impulse gibt. „Wenn Brüssels Machtfülle steigt, braucht es dringend auch funktionierende Instrumente des Agenda-Settings von unten. Und Bürgerräte sorgen dafür, dass Bürgerperspektiven bei der Ausarbeitung von Gesetzen besser berücksichtigt werden und die Transparenz der Gesetzgebungsprozesse insgesamt steigt“, sagt Händel. Das zeige die bisherige weltweite Erfahrung mit losbasierten Bürgerräten.
Um faire Beteiligung in der EU zu verankern, solle der Verfassungskonvent nicht hinter verschlossenen Türen tagen. Das Ziel müsse sein, konkrete Demokratie-Reformen ausarbeiten – unter breiter Einbeziehung der europäischen Bürgerschaft und Zivilgesellschaft.