Am 28. September 2024 haben wir verschiedene zivilgesellschaftliche Initiativen und Organisationen sowie politische Parteien zu einem Forum in Leipzig eingeladen, um gemeinsam auf die Ergebnisse der Landtagswahlen in Thüringen, Sachsen und Brandenburg zu schauen. Im gemeinsamen Austausch wurden Perspektiven geteilt, Erfahrungen ausgetauscht und sich gegenseitig Mut gemacht, in Zeiten, in denen die Demokratie zunehmend bedroht ist. Am Ende wurde eine gemeinsame „Leipziger Erklärung“ verabschiedet, der sich alle rund 80 Teilnehmenden aus etwa 25 verschiedenen zivilgesellschaftlichen Organisationen angeschlossen haben.
Das Programm startete am Vormittag mit einem spannenden Vortrag von Maximilian Steinbeis, der die quasi parallel weiterlaufenden Entwicklungen bei der Konstituierung des Thüringer Landtags einordnete. Er erklärte mit welchen Strategien autoritär populistische Parteien heute vorgehen und es wurde diskutiert, wie wir in Deutschland aus den Erfahrungen aus Ungarn und Polen lernen können. Er empfiehlt den Narrativen der extremen Rechten dadurch zu begegnen ihren Strategien auf einer Metaebene zu begegnen, indem man diese immer wieder klar benennt und herausstellt welche Gefahr sie bergen.
Danach warf Mehr Demokratie Bundesvorstandssprecher Ralf-Uwe Beck einen Blick auf die Entwicklung der Demokratie in den ostdeutschen Bundesländern nach der Wende, wie sie gerade in Sachen direkter Demokratie vorangegangen sind. Er plädierte dafür, dass aus der Freiheit von etwas endlich eine Freiheit für etwas werden muss, wir also die Demokratie aktiv gestalten sollen, auch mit den Instrumenten, die uns bereits heute zur Verfügung stehen. Ganz nach dem Motto der Veranstaltung – Mach Doch!
Im Anschluss an die beiden Vorträge gab es eine Podiumsdiskussion, bei der die beiden Vortragenden zusammen mit Gesine Oltmanns von der Stiftung Friedliche Revolution und Gesine Märtens, Staatssekretärin im Sächsischen Staatsministerium für Justiz und für Europa, Demokratie und Gleichstellung die Perspektiven auf die Landtagswahlen in Thüringen, Sachsen und Brandenburg diskutierten. Es wurden verschiedene Notwendigkeiten besprochen, um den autoritären Tendenzen zu begegnen. Dabei ging es um den Einsatz von Bürgerräten, die Rolle politischer Bildung und die Aufgaben für die Zivilgesellschaft. Zudem wurde thematisiert, welche konkreten Gefahren gerade bestehen für Menschen in Politik und Verwaltung und wie die Politik durch mehr Beteiligungsmöglichkeiten und die Schaffung von Begegnungsräumen dem etwas entgegensetzen kann. Bei diesen Diskussionen richtete sich der Blick einerseits immer wieder auf die ganz aktuellen Geschehnisse im Thüringer Landtag und anderseits auch auf die historischen Erfahrungen aus der Friedlichen Revolution von 1989 und den Umgang mit dem Autoritarismus dieser Zeit.
Nach der Mittagspause gab es einige kurze Inputs zu verschiedenen demokratischen Innovationen. Behandelt wurden etwa die Fragen: Wie können wir das Wahlrecht erneuern und besser gestalten? Welche Rolle spielt Transparenz? Wie kann gute digitale Beteiligung funktionieren? Außerdem wurden das öffentliche Petitionswesen und die partizipative Gesetzgebung in Thüringen vorgestellt.
Am Nachmittag konnten die Teilnehmenden dann in fünf Workshops selbst aktiv werden und in den inhaltlichen Austausch gehen zu verschiedenen Themen. Es gab Workshops zu Bürgerräten, zur Verbindung von Demokratie und Klimaschutz, zu Polarisierungstendenzen, zur Frage wie es möglich ist, mehr Frauen in die Kommunalpolitik zu bringen und zu Möglichkeiten der Verteidigung gegenüber juristischen Angriffen von rechten Netzwerken.
Der letzte Programmpunkt widmete sich dann der Verabschiedung einer gemeinsamen „Leipziger Erklärung“. Bereits im Vorhinein online und auch den Tag über während der Veranstaltung hatten die Teilnehmenden die Möglichkeit den von Ralf-Uwe Beck initiierten Entwurf einer Erklärung zu kommentieren und Änderungswünsche anzubringen. Kurz vor 16 Uhr ging es dann in die finale Abstimmung im Plenum, wo diese Änderungen diskutiert und teilweise beschlossen wurden. Am Ende stellten sich alle 80 Teilnehmenden geschlossen hinter die Forderungen, die sich an die Koalitionäre in Thüringen, Sachsen und Brandenburg richten und beschlossen die „Leipziger Erklärung – Demokratie schützen, erlebbar machen und erneuern“. Die Erklärung enthält Forderungen zum Schutz demokratischer Institutionen, zu mehr Bürgerbeteiligung und Innovation sowie Weiterentwicklung des Wahlrechts und des Ausbaus direktdemokratischer Möglichkeiten. Am Ende heißt es: „Wir brauchen jetzt einen aktiven Schutz und die Weiterentwicklung der Demokratie, einen Innovationsschub und mehr Mut, ins Experiment zu gehen.“
Die ganze Erklärung gibt es hier zum Nachlesen.
Abschließend gab es bei Kaffee und Kuchen Zeit zum freien Austausch und zur Vernetzung.
Wir danken allen Teilnehmenden für den spannenden, lehrreichen und Mut machenden Tag mit all den unterschiedlichen wichtigen Perspektiven auf die aktuelle Lage der Demokratie in Thüringen, Sachsen und Brandenburg nach den Landtagswahlen, aber auch über diese Bundesländer hinaus, in Deutschland, Europa und weltweit.