Schweiz: Ausschaffungsinitiative
Am kommenden Sonntag (28. November) treten die Schweizerinnen und Schweizer an die Urnen. Insgesamt 18 Fragen gilt es zu entscheiden, zwei auf Bundesebene, 16 in verschiedenen Kantonen. Zur Abstimmung steht auch die Ausschaffungsinitiative. Sie will kriminelle Ausländer, die bestimmte Straftaten begangen haben und verurteilt wurden, automatisch abschieben („ausschaffen“), auch dann, wenn im Zielland Folter und Tod drohen.
Initiiert wurde die Ausschaffungsinitiative von der SVP (Schweizerische Volkspartei). Umfragen zufolge werden die Schweizer diese Initiative annehmen. Wir informieren vorab über die Initiative und über den Gegenvorschlag, der vom Bundesrat vorgelegt wurde und über den die Bürgerinnen und Bürger am Sonntag mit abstimmen werden.
Beide Vorschläge bedeuten eine Verschärfung der Abschiebepraxis. Der Unterschied zwischen dem Vorschlag der Initiative und dem Gegenvorschlag ist aber, dass die Initiative automatisch abschieben will, wenn bestimmte Straftaten begangen wurden. Der Gegenvorschlag will abschieben, wenn ein bestimmtes Strafmaß vorliegt, richtet sich also nach der Schwere der Tat.
Der Gegenvorschlag beruft sich außerdem ausdrücklich auf die Grundrechte und die Grundprinzipien der schweizerischen Bundesverfassung und das Völkerrecht sowie die Verhältnismäßigkeit der Strafe zur Tat. Er sieht nicht vor abzuschieben, wenn im Zielland Folter oder Tod drohen. Die Ausschaffungsinitiative hingegen halten viele Wissenschaftler und Politiker für Völkerrechtswidrig, da sie unter anderem gegen EU-Recht verstoße, in erster Linie gegen das Personenfreizügigkeitsabkommen mit der EU.
Wenn es ein mehrheitliches „Ja“ für die Ausschaffungsinitiative gibt, ist also nicht klar, ob sie auch umgesetzt wird. In Deutschland wäre die Ausschaffungsinitiative übrigens nicht möglich. Denn hier würde das Verfassungsgericht zu Beginn einer Volksinitiative prüfen, ob diese gegen Völkerrecht, EU-Recht oder Grundrechte verstößt. In der Schweiz wird im Voraus nur geprüft, ob eine Initiative gegen zwingendes Völkerrecht verstößt. Die endgültige Klärung, ob man die Initiative überhaupt umsetzen kann, erfolgt also erst nach der Abstimmung.
Bisherige Gesetzeslage
Es gibt auch jetzt schon die Möglichkeit, Ausländerinnen und Ausländern das Aufenthaltsrecht bei bestimmten Straftaten zu entziehen. Momentan wird jedoch im Einzelfall durch kantonale Gerichte geprüft. Es gibt keine einheitliche Praxis in der Schweiz.
Inhalt Ausschaffungsinitiative
Automatischer Entzug des Aufenthaltsrechts plus Einreiseverbot, bei Missbrauch von Sozialleistungen oder Verurteilung wegen bestimmter Straftaten:
<typolist type=2>vorsätzliche Tötungsdelikte
Vergewaltigung oder andere schwere Sexualdelikte,
Raub,
Menschenhandel,
Drogenhandel und
Einbruch.</typolist>
Abgeschoben wird auch dann, wenn im Zielland Folter oder Tod drohen.
Inhalt Gegenvorschlag
Das Strafmaß entscheidet über die Ausweisung, nicht allein die Art der Straftat. Es wird also im Einzelfall geprüft, wie schwer die Straftat ist. Ausschaffung nur bei schweren Delikten: Unter anderem Mord, vorsätzliche Tötung, Vergewaltigung oder andere schwere Sexualdelikte, Raub, Menschenhandel, schwere Verstöße gegen das Betäubungsmittelgesetz, u.v.m.
Abgeschoben wird ab einem Strafmaß von:
<typolist type=2>Freiheitsstrafen wegen Straftat ab zwei Jahren (bei Betrugsdelikten 18 Monate)
Bei Verurteilung wegen einer Strafe, für die das Mindest-Strafmaß ein Jahr Freiheitsstrafe beträgt
Bei Verurteilung bei mehreren Straftaten zu mindestens 720 Tagen Freiheitsstrafe bzw. 720 Tagessätzen Geldstrafe</typolist>