Werden in Brüssel nun die Türen geöffnet?
Europäische Bürgerinitiative
Am 15. Dezember hat das Europaparlament in Brüssel die Verordnung zur Europäischen Bürgerinitiative (EBI) erlassen. Ab 2012 haben die Menschen in Europa dann die Möglichkeit, die EU-Kommission zu bitten, in ihrem Sinne aktiv zu werden.
Wenn der Vorschlag einer Bürgerinitiative von einer Million Menschen unterschrieben wird, müssen sich Kommission und Parlament mit dem Vorschlag beschäftigen und Stellung beziehen. Auf diese Weise können Bürgerinnen und Bürger neue Themen auf die politische Tagesordnung setzen. Verbindlich ist dieses Recht aber nicht – denn der weitere Weg zu einer Abstimmung bleibt verwehrt.
Dabei gibt es einen dringenden Bedarf an demokratischer Mitbestimmung in Europa. Gerald Häfner, Mitglied unseres Vorstandes und Berichterstatter im Europäischen Parlament drückt das so aus: "Mit der EBI haben die Bürger erstmalig einen Fuß in der Tür der europäischen Gesetzgebung. Wir müssen die Tür mit der Zeit noch weiter aufstoßen und den Bürgern auch die Beteiligung an politischen Sachentscheidungen ermöglichen."
Aktion Eliant präsentiert 1 Million Unterschriften
Trotz der schwachen Rechtsstellung haben bereits viele europaweite Unterschriftensammlungen stattgefunden. So hat am 14. Dezember die Initiative „Eliant“ bekannt gegeben, dass sie eine Million Unterschriften gesammelt hat. Die Initiative zielt laut Sprecher Thomas Göing darauf ab, die Vielfalt Europas zu erhalten, in dem bei der Gesetzgebung darauf geachtet wird, Freiräume für alternative Initiativen zu lassen. Was abstrakt klingt, kann Göing an einem Beispiel schnell erläutern: „Der Anlass, aktiv zu werden, war eine Verordnung der Kommission. Die besagt, wie hoch der Anteil von Vitaminen in Babynahrung sein muss. Und dieser Wert ist nur mit Zugabe künstlicher Vitamine zu erreichen. Deswegen müssen einige ökologisch-arbeitende Hersteller entweder von ihren Prinzipien abweichen und Zusätze verwenden - oder ihr Produkt vom Markt nehmen.“
Noch ist unklar, in welchem Rahmen die Übergabe dieser Initiative stattfinden wird. Denn da die Verordnung erst 2012 in Kraft tritt, ist die Kommission nicht dazu verpflichtet, die Eliant-Initiative ernsthaft zu prüfen.
Stärken und Schwächen
Die Einführung der Bürgerinitiative hat eine lange Vorgeschichte und ist Folge des jahrelangen Bemühens von Mehr Demokratie um eine Demokratiereform in der EU: „Die EBI, die wir mit aus der Wiege gehoben haben, ist das erste transnationale Instrument direkter Demokratie“, sagt dazu Michael Efler, Mehr Demokratie-Vorstandssprecher. „Einige Mängel weist das Instrument allerdings auf. Beispielsweise müssen in 18 Mitgliedstaaten der EU Bürgerinnen und Bürger beim Unterschreiben ihre Ausweisnummer angeben, was das Zustandekommen einer EBI erschweren wird. Insgesamt ist es aber ein Schritt hin zu einer EU, die ihre Bürger stärker einbezieht. Die echte Mitbestimmung durch verbindliche Volksentscheide steht auf EU-Ebene allerdings noch aus.“
In einem Papier führen wir die Stärken und Schwächen der jetzigen Verordnung auf.
Ronald Pabst
Weitere Informationen
Stellungnahme zum EBI-Gesetz (pdf, 2 Seiten)
Interview mit Thomas Göing über die Initiative „Eliant“